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Schauen Sie sich bitte ruhig die zu den Verben kommen und brauchen entsprechenden Konjugationstabellen und merken Sie sich bitte die Verben in folgendem Tempus:

  Präteritum, Aktiv, Konjunktiv II für die 1. Person. 

Laut den Tabellen entspricht dem ersten Verb ich käme, dem zweiten aber ich brauchte. Ich erwartete –wie ich oft höre– ich bräuchte:

  • Warum in aller Welt erscheint da brauchte ohne Umlaut? D. h. gibt es wesentlichen Unterschied zwischen beiden Verben? Ich glaube brauchen ist ebenso „modal“ wie kommen (oder?).

Hinweis: Der Ursprung dieser Frage ist ein gescheiterter Versuch, den Konjunktiv für machen als „ich mächte gerne …“ zu bilden.

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  • 11
    Schöne Frage! Regional, bzw. umgangssprachlich gibt es bräuchte nämlich schon.
    – Takkat
    Mar 9, 2014 at 22:55
  • 5
    Siehe auch duden.de/suchen/dudenonline/br%C3%A4uchte - Ich (aus Süddeutschland) wäre gar nicht auf die Idee gekommen, im Konjunktiv brauchte zu verwenden. Mar 10, 2014 at 7:51
  • 1
    Googelt man etwas, findet man: brauchte ist „richtig” (Danke für die Frage, ich war mir dessen nicht bewusst), bräuchte wird auch in der Hochsprache häufiger, und natürlich beklagen das einige.
    – Carsten S
    Mar 10, 2014 at 9:46
  • @GuntramBlohm.. dito. Bin aus Berlin. "brauchte" klingt literarisch für mich.
    – Emanuel
    Mar 10, 2014 at 19:03
  • @CarstenSchultz... das ist alerdings eine Schweizer Seite, es geht also um Schweizer Deutsch. Wenn das für die "abscheulich" klingt, so sei es. Mit meiner Realität (100% bräuchte) hat das nix zu tun.
    – Emanuel
    Mar 10, 2014 at 19:05

3 Answers 3

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Sieht man mal vom Konjunktiv II ab, ist brauchen ein schwaches Verb und es im Konjunktiv II nicht zu beugen ist daher durchaus naheliegend, da konsistent. Die Form bräuchte ist also hochgradig irregulär und erstmal genauso überraschend und befremdlich, wie es mächte wäre.

Unter dieser Prämisse, stellt sich dann eher die umgedrehte Frage: Wieso ist bräuchte so verbreitet und erscheint uns sogar intuitiv richtig? Hierüber kann ich (wie auch jeder andere) nur spekulieren. Folgendes erscheint mir aber recht plausibel:

  • Brauchen wird häufig verwendet, um andere Verben zu modifizieren:

    Ich brauche nicht (zu) rennen.

    Muss eine derartiger Satz noch mit einem weiteren Hilfsverb versehen werden, wie in der würde-Form für den Irrealis, wird es hässlich:

    Ich würde nicht so rennen (zu) brauchen, wenn ich früher losgegangen wäre.

    Also verwendet man in solchen Fällen bevorzugt den Konjunktiv II. Bei brauchen wäre die reguläre Form brauchte aber mit dem Imperfekt identisch und es ergäben sich die üblichen Verwechslungsprobleme. Dieses Problem wird vermieden, wenn man brauchen im Konjunktiv II irregulärerweise zu bräuchte beugt.

  • Etwas Ähnliches passiert beim Konjunktiv II der Höflichkeit, der auch ein häufiger Anwendungsfall des Verbs brauchen ist: Dieser wird ja nicht durch die würde-Form ersetzt (niemand sagt: »Würde ich bitte ein Kilo Hackfleisch haben können.«), aber bei der ungebeugten Konjunktiv-II-Form (brauchte) ergibt sich wieder ein Mehrdeutigkeitsproblem.

    Statt einer der folgenden Konstruktionen:

    Ich brauchte ein Kilo Hackfleisch.
    Ich würde ein Kilo Hackfleisch brauchen.

    nutzt man also

    Ich bräuchte ein Kilo Hackfleisch.

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  • Vielleicht auch wegen "gebräuchlich"... oder "die Bräuche". Das gibt's bei "machen" zwar auch "mächtig", "Mächte" aber da ist die VErbindung weniger offensichtlich
    – Emanuel
    Mar 10, 2014 at 14:08
  • 1
    @Emanuel: Das war sicherlich nicht hinderlich, aber alleine hätte es nicht gereicht – sonst lächten, gläubten und käuften wir heute (wegen Gelächter, lächerlich, gläubig, Käufer, …).
    – Wrzlprmft
    Mar 12, 2014 at 10:19
  • könntest auch einfach in historische Texte schauen, wenn da was zu finden ist, brauchste nich zu spekulieren. Aber wer will das schon.
    – vectory
    Feb 1, 2020 at 15:19
  • @vectory: Und was würde ich dort finden? Hat irgendwer dokumentiert, warum sich die Grammatik so entwickelt hat, wie sie es tat?
    – Wrzlprmft
    Feb 1, 2020 at 17:52
  • habe falsch punktuiert. "Wenn da was zu finden ist, brauchste nich zu spekulieren". Betonung liegt auf wenn. Was wir dort also finden würden? Darüber kann man wohl nur spekulieren.
    – vectory
    Feb 1, 2020 at 19:26
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Sprache verändert sich. Manchmal gehen starke und irreguläre Formen verloren, weil sie nicht oft genug benötigt werden, manchmal werden neue erzeugt, um Missverständnisse zu vermeiden.

Der reguläre Konjunktiv II von brauchen ist identisch zum Indikativ, was wegen des häufigen Gebrauchs problematisch ist. Die würde-Form ist hässlich bei modifizierenden Verben, da man schnell bei drei Verben im Satz landet.

Obwohl Umlaute ursprünglich nichts mit dem Konjunktiv oder auch Plural zu tun hatten, werden sie heutzutage gern als Marker dafür benutzt. (vgl. auch Vogel, dessen Plural war einst auch einfach Vogel, nicht Vögel)

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  • Schöne Ergänzung zu Wrzlprmfts Antwort.
    – Jan
    Oct 22, 2015 at 14:12
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Die Tabellen sind nicht up-to-date. Da werden einfach alte Tabellen nachgedruckt. Regelrecht wäre der Konjunktiv brauchte, formgleich mit Indikativ, da brauchen regelmäßig ist. Die Leute haben aber längst erkannt, dass bei einem so häufig gebrauchtem Verb wie brauchen ein schwacher Konjunktiv nichts taugt und sagen bräuchte, was viel klarer ist. Du müßtest deine Tabellen also ergänzen und anmerken: In Umgagssprache bräuchte.

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