Wir haben es mit keinem besonderen Idiom zu tun, sondern lediglich mit einem Stuhlkreis, der von deutschen Staatsbürgern gebildet wird – also ein deutscher Stuhlkreis ist. (Großschreibung von deutsch wäre hier verkehrt, denn der Stuhlkreis gewinnt durch das Adjektiv keine tiefergehende Bedeutung, ganz im Gegensatz zum Schwarzen Brett oder zum Roten Kreuz.)
Allerdings stecken einige Stereotype in dem Satz. Zunächst einmal dass überhaupt ein Stuhlkreis gebildet wird. Man könnte sich zum diskutieren auch schlicht am Marktplatz treffen, Rudel bilden und quer durcheinander schreien, oder man könnte die Auseinandersetzung auch gleich mit Fäusten austragen. Über Deutsche heißt es, dass sie zwar gerne und ausgiebig diskutieren, dass aber gleichzeitig ein geordneter Rahmen für diese Diskussion gewählt wird – eben der Stuhlkreis, am besten noch mit Vorstellungsrunde, Redeliste. Dieser soll – weitere Stereotype – Emotionen abkühlen und Argumente hervortreten lassen. Man denke nur an das Schlagwort der »politischen Lösung« (während die andere Seite schon mit ihrer Armee einmarschiert ist). Diese Stereotype versucht der Autor mit dem Adjektiv deutsch beim Leser hervorzurufen.
Es ist außerdem ein Rattenschwanz an Geschlechtsstereotypen enthalten, zum Beispiel dass Frauen lieber diskutieren und die männlich-brutale Aggresivität durch eine Diskussionsrunde abgekühlt werden muss, dass außerdem dieses Spiel in Deutschland so ausgiebig gespielt worden ist, dass der ehemals »starke«, »männliche« Mann »verweichlicht« oder gar »verweiblicht« worden ist und einiges mehr.
Auf keinen Fall spielt deutscher Stuhlkreis auf irgendein geschichtliches oder sonstwie relevantes Ereignis an. Es kann nur über die Summe der Assoziationen verstanden werden.