In dem Wiener Gasometer, der in der Frage von tofro abgebildet ist, habe ich von 2001 bis 2013 gewohnt.
Dieses konkrete Gebäude besteht aus 4 Türmen, die Ende des 19. Jahrhunderts erbaut wurden. (Man hat damals übrigens mit dem Dach begonnen: Dessen Stahlkonstruktion wurde auf dem Boden zusammengeschweißt. Bei Bau hat man es mit hydraulischen Hebern angehoben, eine Schicht Ziegel darunter gelegt, wieder angehoben usw.)
Jeder Turm bestand am Boden aus einer großen Wasserwanne, in die ein großer Stahlzylinder gestellt wurde, der weder Boden noch Deckel hatte. Er hatte eine doppelte Wand, die ebenfalls mit Wasser gefüllt war, diese Wand war unten zu und oben offen. In diesem Zwischenraum steckte ein zweiter Stahlzylinder, der gleich gebaut war, und in dessen Wand ein dritter, der allerdings dann oben geschlossen war. Durch diese Bauweise konnten sich die beiden oberen Zylinder wie ein Teleskop auf- und abbewegen, und das Wasser am Boden und in den Wänden war die Gasdichtung.
Dadurch hatte jeder der vier Gasbehälter ein variables Volumen, denn das Erdgas, das darin gespeichert war, wurde nicht mit Überdruck gespeichert, sondern annähernd mit normalem Luftdruck.
Rund um diese Stahlbehälter wurde eine Ziegelmauer gebaut, die jedoch niemals mit dem Gas in Berührung kam. Sie musste nur das Dach tragen, gegen die Witterung schützen und sollte einigermaßen schön ausschauen, soweit das für einen Industriebau möglich war.
Die Ziegelmauer verbarg aber auch den Blick auf die beweglichen Stahlzylinder im Inneren, daher konnte man ohne Hilfsmittel von außen den Füllstand nicht ablesen. Man benötigte also ein Messgerät, das den Füllstand anzeigt, also einen »Gasometer«.
Der Gasometer ist eigentlich die Messuhr, die außen am Gebäude angebracht ist, und die den Füllstand angezeigt hat. Beim Wiener Gasometer hat jeder der vier Türme eine eigene Messuhr, die geschätzte 2 bis 3 Meter Durchmesser hat.
Nach dieser Messuhr wurde dann das ganze Gebäude benannt.
Die Wiener Gasometer wurden übrigens Ende des 20. Jahrhunderts in eine Mischung aus Einkaufszentrum und Wohnhausanlage umgebaut, und im Sommer 2001 zogen dort die ersten Bewohner ein. Die oben erwähnten Stahlzylinder wurden ausgebaut, und in die übrig gebliebenen Ziegel-Zylinder wurden Wohnungen eingebaut. Insgesamt leben jetzt ca. 1500 Menschen im Wiener Gasometer.