Man muss hier wissenschaftlichen und umgangssprachlichen Gebrauch unterscheiden. In jedem Fall wäre die Verwendung des Anglizismus selbst eine Art Virtue Signalling. Es ist zwar denkbar das Konzept sei älter als die Fachliteratur, die den Begriff prägte, und daher leicht zu umschreiben. Das würde das Signal, bzw. dessen Kraft schwächen. Signalverstärkung oder Rückkopplung wäre soweit allenfalls in technischer Sprache gebräuchlich.
Interessant ist der umgangssprachliche Gebrauch dagegen eher nicht, da zumeist abwertend oder unpräzise. Es gibt sicherlich verschiedene kontextabhängige Begriffe. Gesucht wird dennoch nach einem Substitut für
"Virtue signalling** is the conspicuous expression of moral values."
- ... ist der merkwürdige Ausdruck moralischer Werte. *[Übersetzung meine]
Bspw. Deutschtümelei wäre vom Kontext abhängig. Klar kann man dagegen halten, das, was als Deutschtümelei bezeichnet wird, hätte auch Substanz hinter der Fassade. Das kann man bei Virtue Signaling aber auch, soweit es nicht eigentlich Lippenbekenntnis bedeutet. Gleichschaltung, Anbiedern, o.ä. wären noch stärker negativ. Oft ist eigentlich Nebelkerze gemeint, also das Verschleiern wahrer Absichten, Vgl sich mit fremden Federn schmücken. Anders wird ins Lächerliche ziehend auch vom Schwanzlängenvergleich bzw. hochtrabend von Kräftemessen gesprochen.
Zurschaustellen ist das eigentliche Signalling. Von Virtue oder sonstiger Wertung ist dabei kaum die Rede. Sich in den Vordergrund rücken ist ebenso subtil negativ besetzt. Herausstellen, hervorstellen, hervorheben, exponieren, präsentieren oder einfach signalisieren sind dagegen recht neutral. In alledem wird der erfragte Kontext nicht mehr erkennbar, wenngleich die ursprünglich nicht wertenden Bedeutung nahe liegt, die im Übertragenen Sinne eine Einladung bezeichnet; vgl. einladendes Aussehen. Etwas weiter hergeholt wäre Reiz, reizen passend, soweit reizend eine gewisse mehrdeutigkeit bewahrt, und Reiz, aufreizen hinreichend psychologische Bedeutung ähnlich Signal tragen. Vgl auch reizen im Skat neben En raise im Poker. Gebaren (vs Gebühr, ungebührend, Bürde etc., s. Geschäfts-Gebaren) steht dem nicht fern.
Um auf Moralinsäure zurückzukommen, würde ich schlussendlich plädieren für:
Angeben
Salop gesagt wird auch von angebenden Angebern gesprochen. gift "Gabe" ist dabei etwa parallel zu Tugendhaftigkeig, jedoch im Sinne Talent davon zu unterscheiden: virtuos ist noch stärker als begabt. Mit begnadeten Künstlern, Gnädigkeit oder Bescheidenheit hat das aber wenig zu tun, daher sagt man Angebern gern falsche Bescheidenheit nach.
Sofern Angeben in gewissen Gesellschaftsschichten zum MO gehört, wird dagegen von Machtdemonstration oder Statussymbolik gesprochen, welche oft auch der Abschreckung dienen.
Angabe "Eröffnung" (vgl. jemandem etwas eröffnen "verraten") passt sodann auch zur oben bezeichneten Einladung. Vgl. dagegen verladen "in die Irre führen", ausladend, sich entladen, sich entledigen und eine große Klappe.
Im Sinne tonangebend ist zwar eine positive Konnotation erkennbar, und der Angeber ohne Ton quasi nur eine zutiefst sarkastische Variante davon.
Wegen dem Fokus auf Rollenverteilung im soziale Gefüge ist dieses Wort letztendlich auch unpassend. Zudem wird abgeben und Altruismus quasi ausgeschlossen und Gier, Geiz oder Geilheit impliziert.
Positiver besetzt ist dagegen Tugend, welches dennoch kontextuell und daher subjektiv ist und alleinstehend nur virtue übersetzt, und das nicht besonders treffend, sehr eng auf christlichen Kontext gemünzt.
Insofern Tugend als Sammelbegriff auch Zurückhaltung bezeichnet, ist es mit virtue signalling eigentlich nicht vereinbar, lediglich im Sinne den Aussenstehenden nicht erkennbarer Zeichen, die erst durch den Vorwurf des Tugendzurschaustellens allgemein kenntlich gemacht werden würden. Siehe dahingehend auch tunlichst, sofern vergleichbar mit Tugend (nur in tunlichst unterlassen).
Auf die Herkunft des Wortes einzugehen, das bspw. bei Pfeiffer oder Kluge/Seeboldt auf eine Bedeutung viel Milch geben zurückgeführt wird, erspare ich mir. Nur so viel. Sanskrit, insb das Rig-Vedische, ist zwar vergleichsweise alt, aber nur bedingt konservativ; Die Bedeutung bzgl. Milch, die soweit einzig in Sanskrit belegt zu sein scheint, könnte ebenso gut umgekehrt von einem allgemein abstrakten Begriff spezialisiert worden, oder gar zufällig lautlich ähnlich sein. Daher folgt nur ein aus Rückschlüssen gewonnener Vorschlag.
Werbung ist der augenscheinliche Ausdruck moralischer Werte
Ggf. fehlt dabei ein Attributiver Vorsatz. ermutigend, Anhänger, ... Tatsächlich findet g-books immerhin drei Ergebnisse jüngerer Zeit für "Tugendwerbung", von denen zwei gleichzeitig von Moral reden, natürlich im Religiösen Kontext. Das dritte könnte ein OCR Fehler für "Jugendwerbung sein"; So oder so, vgl "Jünger".