Im Grunde ist das gar kein Fehlschluss, sondern die natürliche Grundlage menschlichen Denkens und Handelns. Von der Erfahrung ausgehende Erwartungen werden bestätigt oder widerlegt. Was wir hier als Fehlschluss ansehen, ist gewissermaßen das Induktionsproblem. Von bekannten Teilen wird auf ein allgemeineres Ganzes geschlossen. Wir machen das alle jeden Tag, wenn wir z.B. von einem hinter der Häuserecke hervorlukenden Vorderrad auf ein Fahrrad schließen, das da gleich um die Ecke kommt. Es könnte sich theoretisch auch um ein einzelnes Rad handeln, das da durch die Gegend rollt. Davon geht aber niemand aus. Aus Erfahrung schließen wir sofort, dass da jemand mit dem Fahrrad um die Ecke kommt. Induktion ist gewissermaßen eine Abkürzung vom Wahrnehmen zum unmittelbaren Handeln, die uns längeres Betrachten und Beobachten erspart und dadurch schnell reagieren lässt. Induktion spart Zeit, ist aber fehleranfällig.
Aus unserer heutigen Denkweise heraus erscheint der Schluss, dass etwas nicht wahr ist, weil ich es noch nie gehört habe, wie (wie @Christian es nennt) Babylogik. Im Grunde ist aber die Aussage, dass etwas, das noch nie beobachtet wurde, trotzdem eintreten könnte, eine Art von Wahrscheinlichkeitsrechnung, die wir heute ganz selbstverständlich vornehmen. Unser mathematisch wissenschaftlich geprägtes Weltbild mahnt uns sofort zur Vorsicht: nur weil ich das noch nie gehört, gesehen, ... habe, ist keinesfalls sicher, dass es grundsätzlich nicht möglich ist. Vor der Entdeckung Australiens wäre die Aussage Alle Schwäne sind weiß. in Europa niemandem als Fehlschluss angerechnet worden und letztlich muss jede Theorie wenigstens nachträglich der Erfahrung standhalten.
Die Frage, inwieweit Aussagen über einzelne Beobachtungen hinaus zu neuen Erkenntnissen führen können, ist der Dreh- und Angelpunkt der Erkenntnistheorie von Kant. Urteile über die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Ereignissen, die nicht auf empirischen Daten beruhen, sind synthetische Urteile a priori, die bis heute ein erhebliches Problem darstellen.
Nicht zuletzt durch Popper (und die Quantenmechanik) geht man mehr und mehr dazu über, weniger von der Möglichkeit festen Wissens (a priori oder a posteriori) als vielmehr von Wahrscheinlichkeiten auszugehen. Allerdings hat das menschliche Denken mit Wahrscheinlichkeiten ziemliche Probleme, wie man am Lottospiel leicht sieht. Als überspitzte Umkehrung der Ausgangsfrage könnte man vielleicht sagen:
Nur weil es extrem unwahrscheinlich ist, dass ich im Lotto gewinne, heißt das nicht, dass ich nächsten Samstag nicht spielen sollte. Es könnte ja doch ...
In gewisser Hinsicht macht das weniger Sinn als die Annahme, dass auch am nächsten Samstag meine Zahlen sicher nicht gezogen werden.
Kurzum handelt es sich also weniger um einen Fehlschluss als um das Induktionsproblem: Inwieweit lässt sich der gegenwärtige Erfahrungsstand verallgemeinern, um zu sicheren Erkenntnissen und Prognosen zu gelangen?