Beide Wendungen unterscheiden sich nur in Nuancen.
Zur Rechenschaft ziehen bedeutet zunächst, dass jemand Rechenschaft über sein Handeln ablegen soll, also dazu Rede und Antwort stehen und sich rechtfertigen. Es schwingt die Erwartung mit, dass dabei ein Fehlverhalten festgestellt und sanktioniert wird, aber es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass die Vorwürfe ausgeräumt werden können. Die Wendung bietet sich aus stilistischen Gründen außerdem immer an, wenn die betroffenen Personen als "die Verantwortlichen" bezeichnet werden.
Beispiele, in denen meiner Meinung nach diese Wendung die bessere Wahl ist als "zur Verantwortung ziehen" (alle gefunden auf linguee.de):
Statt einer nicht hinterfragten herrschenden – anonymen – Macht nimmt die wirtschaftliche Globalisierung Gesichter und
Stimmen an, ... die uns dazu aufrufen, verantwortlich
zu handeln, und die uns zur Rechenschaft
ziehen für unsere Entscheidungen und unser Handeln im alltäglichen Umgang mit der
Wirtschaft. Quelle
Neulich wollte er Vater zur Rechenschaft ziehen, weil wir den Hund auf ein paar Rehböcke gehetzt haben, die auf einem unserer Felder den Weizen fraßen. Quelle nicht mehr online
... die
Verantwortlichen sollten zur Rechenschaft gezogen, Sanktionen sollten ausgesprochen und durchgesetzt werden. Quelle
Zur Verantwortung ziehen betont den Aspekt, dass eine Person oder Organisation verantwortlich gemacht wird, also die Konsequenzen einer Handlung oder eines Ereignisses zu tragen hat. Diese Handlung oder dieses Ereignis werden als Tatsache angenommen; es geht nicht darum, diese noch zu diskutieren.
Beispiele, in denen deshalb Verantwortung meiner Meinung nach besser passt als Rechenschaft (wiederum von linguee.de):
Die beiden Richtlinien decken auch Fälle ab, in denen nicht die die Politik des Arbeitgebers umsetzende Einzelperson, sondern der Arbeitgeber selbst (das Unternehmen oder die Organisation) direkt für die diskriminierende Handlung zur Verantwortung gezogen werden kann. Quelle nicht mehr online
Rechenschaftspflicht kann verstanden
werden als die rechtliche und politische
Verpflichtung einer unabhängigen Zentralbank, ihre Entscheidungen vor den
Bürgern und Bürgerinnen und deren
gewählten Vertretern ausführlich zu erläutern und zu rechtfertigen, sodass
diese die Zentralbank für die Erfüllung
ihrer Aufgaben zur Verantwortung ziehen können. Quelle
Der Kongress der Abgeordneten kann durch einen mit absoluter Mehrheit angenommenen
Misstrauensantrag die Regierung politisch zur Verantwortung ziehen. boe.gob.es, genaue Quelle nicht verlinkt
Strafrechtlich nicht zur Verantwortung ziehen liess sich bislang dagegen der Bestochene. Quelle
Wie gesagt, das sind Nuancen. Oft kann man davon ausgehen, dass Rechenschaft ablegen dazu führen wird, dass verantwortlich sein festgestellt wird, weshalb in vielen Fällen beide Wendungen gegeneinander austauschbar sind.