Die Situationen der Verwendung dieser Wörter sind verschieden.
Bringen und nehmen unterscheiden sich in der Perspektive auf Zielort (bringen, "zu einem Ort hin") und Startort (nehmen, "von einem Ort weg").
Mit kennzeichnet dabei, dass die Ortsverlagerung des Gegenstands (hier: des Kindes) für den Sprecher nicht den Kern der Handlung darstellt sondern eher eine Nebenhandlung (mitbringen vs. bringen, mitnehmen vs. nehmen).
Doch genug der Theorie. Wohlgeformte, alltagstaugliche Sätze sind:
Ich bringe mein Kind zum Arzt.
wenn das Kind krank ist und zum Arzt soll [Zielort]. Aber
Ich nehme mein Kind mit zum Arzt.
wenn ich selbst zum Arzt muss, das Kind jedoch nicht zuhause lassen kann. (Hauptfokus: Ich gehe zum Arzt. Nebenhandlung: Ich nehme das Kind mit.) Nota bene: Es geht nicht darum, dass das Kind zum Arzt [Zielort] kommt, sondern darum, dass es nicht alleine zuhause rumsitzt [Startort].
Aus Sicht der Sprechstundenhilfe beim Arzt hieße es dann jedoch:
Frau Müller hat ihr Kind mitgebracht.
(Hauptfokus: Frau Müller ist gekommen. Nebenhandlung: Sie hat auch ihr Kind dabei, und nun haben wir es hier [Zielort].)
Geht es jedoch - wie im ersten Beispiel - um das Kind selber, das der Arzt sich mal anschauen sollte, dann sagt die Sprechstundenhilfe zum Arzt:
Frau Müller hat ihr Kind gebracht.
(Hauptfokus bzw. einziger Fokus: Das Kind ist hier [Zielort].)
Die Sprechstundenhilfe würde dagegen sagen
Frau Müller hat ihr Kind mitgenommen.
wenn Frau Müller irgendwie anwesend war, und zwar samt Kind, nun aber wieder weg ist und dabei auch das Kind mitgenommen hat. Konkrete Situation: Sagen wir, es war vereinbart, dass Frau Müller das Kind in der Spielecke im Wartezimmer lässt und derweil zum Einkaufen geht, aber dann stellt die Sprechstundenhilfe erstaunt fest, dass Frau Müller gegangen ist und ihr Kind offenbar mitgenommen hat. (Hauptfokus: Frau Müller ist weg. Nebenhandlung: Und dabei hat sie auch noch ihr Kind aus dem Wartezimmer [Startort] mitgenommen.)
Der Arzt wiederum könnte sagen:
Frau Müllers Kind sieht mitgenommen aus.
wenn es einen schlechten, müden, angestrengten, schlappen Eindruck macht. Das ist nun aber natürlich nicht mehr im Sinne der direkten Wortbedeutung. Vielmehr handelt es sich um den Ausdruck mitgenommen sein/aussehen, der etwa gleichbedeutend ist mit geschlaucht sein/aussehen.
(Allerdings konnte der Arzt das Kind ja gar nicht sehen, denn Frau Müller hat es ja gleich wieder mitgenommen [vom Startort] und vermutlich nach Hause gebracht [zum Zielort].)
Übung
Tante Hildegard kommt zu Besuch. "Hier, Kinder, ich habe euch etwas ........!" [genommen / mitgenommen / gebracht / mitgebracht]
Paul hat seine abgelaufenen Schuhe zum Schuster ....... , um sie neu besohlen zu lassen. [genommen / mitgenommen / gebracht / mitgebracht]
Der Klempner ist sicher, dass er die Rohrzange aus der Werkstatt .......... hat, aber nun findet er sie im ganzen Auto nicht. [genommen / mitgenommen / gebracht / mitgebracht]
Ehepaar Müller verlässt das Haus, um einen Ausflug zu machen. Frau Müller ruft von der Hofeinfahrt ihrem Mann zu: "....... du bitte den Haustürschlüssel mit?" [nimmst / bringst]
Fritz und Helga sind ins Freibad gefahren. Sie liegen auf der Wiese. Auf einmal sagt Helga: "He, Fritz, haben wir eigentlich das Gummikrokodil ......... ?" [genommen / mitgenommen / gebracht / mitgebracht]
Wichtig: Nicht in allen Fällen gibt es eine richtige und falsche Antwort. Oft kommt es auf die Perspektive an: Was will man genau sagen? Wo liegt für einen selber der Fokus?