Schwarzfahren bedeutet: 'ohne gültigen Fahrschein fahren'. Doch woher stammt der nach einer Farbe klingende erste Wortbestandteil 'schwarz'?
Wikipedia beruft sich auf die Etymologie, die auch in der der DWDS erläutert wird:
4. ungesetzlich, verboten, heimlich Beispiele: etw. schwarz kaufen, verkaufen mit etw. schwarz handeln schwarze Geschäfte machen eine schwarze Kasse führen der schwarze Markt (= illegaler Handel mit Mangelwaren zu Überpreisen) ZDL ohne Genehmigung Beispiele: schwarz bauen schwarz über die Grenze gehen, kommen
Etymologie
schwarz · Schwärze · schwärzen · anschwärzen · schwärzlich · Schwarzbrot · Schwarzwild schwarz Adj. Farbadjektiv, ahd. swarz (8. Jh.), mhd. swarz ‘dunkelfarbig, schwarz’, asächs. swart, mnd. mnl. swart, nl. zwart, afries. swart, swert, aengl. sweart, engl. (älter) swart (‘dunkel, schwärzlich’), anord. svartr, schwed. svart, got. swarts (germ. *swarta-) und verwandtes (schwundstufig) anord. sorta ‘schwarze Farbe’, sorti ‘Dunkel, dichter Nebel’, sorta, sortna ‘schwarz, dunkel werden’ sind vergleichbar mit lat. sordēre ‘schmutzig sein, gering erscheinen’, sordēs ‘Schmutz, Unflat, Unglück, Erniedrigung’, vielleicht auch mit awest. kaxvarəδa- Bezeichnung eines mythischen Wesens, eigentlich ‘was für ein (abscheulicher) schwarzer Kerl’, so daß ie. *su̯ordos ‘schmutzfarben, schwarz’ angesetzt werden kann. Schwärze f. ‘schwarze Färbung, Dunkelheit’, ahd. swerzī ‘Schwärze, Dunkel’ (um 1000), swerza ‘Mittel zum Schwärzen’ (Hs. 13. Jh.), mhd. swerze ‘Schwärze, schwarze Farbe, Dunkelheit (der Nacht), Finsternis’. schwärzen Vb. ‘schwarz machen’, ahd. (9. Jh.), mhd. swerzen. Auch (aus dem Rotw.) schwärzen ‘schmuggeln’ (18. Jh.), eigentlich wohl ‘etw. bei Nacht tun’ (rotw. Schwärze, älter schwerz(e), 14. Jh.); Schwärzer ‘Schmuggler’ (18. Jh.). Daran anschließend in heutiger Sprache schwarz Adj. ‘ungesetzlich’, vgl. schwarzer Markt, Schwarzmarkt, -handel (seit dem ersten Weltkrieg?), zunächst ‘illegaler Valutahandel’ (daher vielleicht auch erst seit der Inflationszeit um 1923?), dann ‘unerlaubter Handel mit rationierten Lebensmitteln und Waren’. Offenbar aus dem Dt. mit derselben Bedeutungsentwicklung (amerik.-)engl. black market (um 1930?), ital. mercato nero (um 1940), frz. marché noir (um 1949), russ. čërnyi rýnok (чёрный рынок); vgl. auch Schwarzarbeit, schwarzhören, -fahren, -schlachten. anschwärzen Vb. ‘verleumden’ (17. Jh.). schwärzlich Adj. ‘dunkel, fast schwarz’ (17. Jh.), älter schwarzlicht (15. Jh.), mhd. swarzlot; vgl. auch schwarzecht (16. Jh.). Schwarzbrot n. ‘Roggenbrot’ (14. Jh.). Schwarzwild n. ‘Wildschweine’ (im Unterschied zu Rotwild), mhd. swarzwilt.
Alternativ ist jedoch die folgende Herleitung, fast volksetymologisch altklug zu behaupten, 'schwarzfahren' hätte gar nichts mit der Farbe zu tun. Vielmehr stamme die erste Worthälfte vom jiddischen Wort (schwarz) — shvartz — שוואַרץ ab:
So zum Beispiel bei 'Schule und Familie'
Der Begriff "schwarzfahren" hat nichts mit einer Farbe zu tun.
Auch dieser Ausdruck hat - wie viele andere - ihren Ursprung im Jiddischen. Aus dieser Sprache stammt das Wort "Shvarts". Es bedeutet arm. Schwarzfahrer sind daher eigentlich "Armfahrer".
Oder auch bei 'Bedeutung online':
„Schwarzfahren“: Wortherkunft, Ursprung, Etymologie
Ende des 19. Jahrhunderts wurde so der umgangssprachliche Begriff des Schwarzfahrens geprägt. Schwarz steht jedoch nicht für die Farbe Schwarz, sondern für die Armut des Mitfahrers, der sich keine Fahrkarte leisten konnte oder wollte.
Laut Sprachwissenschaft hat der Ausdruck „Schwarzfahren“ seine Wurzeln im Jiddischen des 19. Jahrhundert. „Schwarzfahren“ leitet sich vom Wort „shvarts“ ab, was „Armut“ bedeutet.
Damit hat der Ausdruck „Schwarzfahren“ keinen Bezug zur Hautfarbe der mitfahrenden Person. Jedoch kann der Ausdruck in der Gegenwart rassistisch verstanden werden.
Ein Blick in jiddische Onlinelexika scheint diese Theorie aber kaum stützen zu können. Dort finden sich nur äußerst kurze Einträge zu 'shvartz', mit der Bedeutung 'schwarz'. Vor 'Armut' keine Spur.
Eine scheinbare Aufklärung scheint ein kürzlich veröffentlichter Beitrag der 'Deutsche Sprachwelt' zu liefern:
Doch des Jiddischen Kundige zweifelten sofort an dieser Erklärung. Auf jiddisch bedeute „shvarts“ auch nichts anderes als auf deutsch, nämlich „schwarz“. Wie kommt dann der Germanist Fuß zu seiner Behauptung? Oder hat er das gar nicht so gesagt? Wir begeben uns auf Spurensuche. Vor mehr als neun Jahren, am 10. Februar 2012, ging die Münchner Abendzeitung bereits der Frage nach, ob „Schwarzfahren“ rassistisch sei, und befragte dabei Fuß: „Eric Fuß von der Universität Leipzig erklärt, dass der Begriff nach weit verbreiteter Auffassung auf den jiddischen Ausdruck ‚shvarts‘ für ‚Armut‘ zurückgeht. ‚Schwarzfahrer sind demnach diejenigen, die sich kein Ticket leisten können.‘“
Wir halten fest: Der Germanist Fuß behauptet es nicht, sondern gibt lediglich die seiner Ansicht nach „weit verbreitete Auffassung“ wieder, „Schwarzfahren“ stamme aus dem Jiddischen. Die anderen Medien in den Jahren danach haben diese Erklärung abgeschrieben. Mit der Zeit wurde jedoch wie in einer Art „Stiller Post“ auf diese Weise aus der Hypothese eine vermeintliche Tatsache.
Die Aussage „‚shvarts‘ heißt ‚Armut‘ und kommt aus dem Jiddischen“ ist aber offensichtlich falsch. Wir können indes festhalten: In der Zigeunersprache heißt „kālo“ so viel wie „schwarz, arm, ohne Geld“. Möglicherweise leitet sich das rotwelsche Wort „Kohldampf“ (Hunger) davon ab. Im Rotwelschen bedeutet „schwärzen“ schmuggeln, also heimlich etwas Ungesetzliches tun. Aus der Gaunersprache kam der Ausdruck „schwarz“ für „ungesetzlich“ in die Standardsprache. „Schwarzfahren“ bedeutet also ungesetzlich, illegal fahren. Weder das Jiddische noch eine Hautfarbe spielen bei Herkunft und Bedeutung des Wortes eine Rolle.
Nun ist der Etymologie der DWDS sicherlich der Vorzug zu geben vor irgendwelchen Kurzbeiträgen im Netz oder gar Interviews. Aber dennoch sind beide Seiten etwas spärlich mit ihren Belegen.
Welche Variante der Erklärungen stimmt also? Gibt oder gab es für 'shvartz' überhaupt die Nebenbedeutung 'arm'? Und vor allem: welche Argumente oder Belege für die Herkunftstheorien präsentiert die Forschungsliteratur?