Neben Klemperers LTI finde ich immer noch lesenwert Aus dem Wörterbuch des Unmenschen von Dolf Sternberger, Gerhard Storz und Wilhelm E. Süskind. Kriegt man derzeit nur gebraucht, fürchte ich.
Allerdings »endet« das Buch 1967 mit seiner dritten Auflage; wie aktuell das heute noch ist, muß man eben selbst einschätzen.
Zufälligerweise korrekte Daten aus der Wikipedia:
Es finden sich u. a. Kommentare zu folgenden Wörtern (bzw. deren spezifische Ausrichtung, also ihren Missbrauch bzw. Gebrauch im Nationalsozialismus): Anliegen, Ausrichtung, Betreuung, charakterlich, durchführen, echt, einmalig, Einsatz, Frauenarbeit, Gestaltung, herausstellen, intellektuell, Kulturschaffende, Lager, leistungsmäßig, Mädel, Menschenbehandlung, organisieren, Problem, Propaganda, querschießen, Raum, Schulung, Sektor, tragbar, untragbar, Vertreter, wissen um, Zeitgeschehen. In der dritten Auflage 1967 enthielt das Wörterbuch 33 Begriffe: Mädel wurde herausgenommen, Auftrag, Härte, Kontakte, Menschen, Ressentiments u. a. wurden hinzugefügt.
Ich fände in diesem Zusammenhang die Frage nach dem Einfluß totalitärer politischer Systeme allgemein auf die deutsche Sprache spannend.
Ich habe die ersten 16 Jahre meines Lebens in der DDR verbracht – bis heute schmecken einige Ausdrücke für mich seltsam: Solidarität, Freundschaft, Kapitalismus und selbst Frieden (lauter »Konzepte«).
Die subjektive Seite ist bei den Ausdrücken aus der DDR natürlich noch viel lebendiger; ihr Verschleiß läßt sich vermutlich besser mit modernen Methoden untersuchen. Bestimmt passiert das auch, da würde ich mal in die Germanistik-Ecke der nächsten Unibibliothek gucken.
Für jemanden, der Deutsch lernt, ist das vermutlich ein fürchterliches Minenfeld. Aber ich denke, einem Ausländer nimmt man Fehltritte hier nicht so krumm. Selbst die bundesdeutsche ARGE führt ja heutzutage Maßnahmen durch – und leider trifft sie damit fast wieder den alten Kern.