Man kann selbstverständlich auf die Früchte eigener Arbeit stolz sein:
Auf meine neueste Skulptur bin ich besonders stolz.
Man kann ganz allgemein einen stolzen Charakter haben (z. B. weil man toll aussieht und Arbeit in sein Aussehen gesteckt hat):
Da kommt Albert, der stolze Gockel!
Man kann auf Personen stolz sein:
Ich bin stolz auf Dich, meine Tochter!
Hier hat man natürlich Anteil am Werdegang der Tochter. Kann man auch auf einen Freund stolz sein, zu dessen Erfolg man nicht beigetragen hat? Ist man dann stolz auf sein Werk, oder ist man stolz, einen so erfolgreichen Freund gewonnen zu haben? Ich vermute, letzteres. Es ist also wieder gewissermaßen eine eigene Leistung.
Kann man stolz auf sein Land sein?
Wir haben die Frauen-Fußball-WM gewonnen! Ich bin stolz auf die Mädels!
Wo ist da die eigene Leistung? Natürlich kann man sich freuen, natürlich kann man der eigenen Mannschaft Respekt bekunden. Aber woher kommt das Recht, stolz darauf sein zu können?
Und schließlich der Klassiker: Kann man stolz auf seine Nationalität sein?
Ich bin stolz, Deutscher zu sein!
Es ist klar, dass man froh sein kann. Ich betrachte es auch als schier unfassbares Glück, in einer der schönsten Städte der Welt in einem der sichersten, wohlhabendsten und angenehmsten Länder der Welt zu wohnen.
Aber ich kann doch nichts dafür! Wie kann ich stolz darauf sein? Die Trümmerfrauen dürfen stolz sein, Deutschland nach dem Krieg wieder mitaufgebaut zu haben.
Oder verstehe ich das falsch, und der Fakt, dass ich in Deutschland geboren wurde, gibt mir einen Grund, stolz zu sein (wie Albert weiter oben wegen seines guten Aussehens)? Und wieso? Was kann ich denn dafür?
Gibt es also zwei verschiedene Arten von Stolz? Einmal das Gefühl, etwas erreicht zu haben, und einmal einfach eine Art Überheblichkeitsgefühl, einfach aus sich selbst heraus?