Ich habe in einem Buch den folgenden Satz gelesen:
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und wurde nicht ertappt.
So wie der Satz steht, ist es eine Ellipse für
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und [hoffentlich] wurde [sie] nicht ertappt.
Als ich den Satz gelesen habe, war ich im ersten Moment aber über das nicht im zweiten Teil gestolpert. Erwartet hätte ich:
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und wurde ertappt.
Dabei handelt es dann natürlich nicht um eine Ellipse, da die Aussage nicht ist, dass "sie hoffentlich ertappt wurde".
Vielmehr sehe ich da eine engere Verknüpfung der beiden Teile "kein Risiko eingehen" und "ertappt werden", wobei letzterer Teil die unerwünschte Folge ausdrückt, welche eintreten könnte, falls der erste Teil sich bewahrheitet. Insofern wird eine Negierung des zweiten Teils 'impliziert' und macht die Verwendung von nicht überflüssig.
Je mehr ich aber nun darüber nachdenke, desto unsicherer werde ich, ob beide Versionen wirklich richtig sind. Auf der einen Seite kommt mir die im Buch verwendete Variante nach wie vor sehr merkwürdig vor. Auf der anderen Seite bin ich mir nicht mehr sicher, ob meine Logik korrekt ist.
Zumal man auch mal von der Situation ausgehen sollte, wo der erste Teil eine Negierung aufweist, der zweite jedoch 'positiv' (wie nennt man das richtig?) ist. Ich ändere dazu mal das Beispiel ein wenig ab. Außerdem füge ich an der Stelle noch eine weitere modifizierte Version ein:
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und hoffentlich wurde sie gewarnt.
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und hoffentlich ist sie nach Hause gegangen.
Das Besondere beim zweiten Beispiel ist, dass sowohl der Wunsch, dass sie nach Hause gegangen ist, als auch der Wunsch, dass sie nicht nach Hause gegangen ist, (ohne weiteren Kontext) Sinn ergeben.
Gekürzt sähe es dann so aus:
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und wurde gewarnt.
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und nach Hause gegangen.
Unter Anwendung meiner 'Denkweise' wie vorhin beschrieben, würde das rückwärts aufgelöst wie folgt lauten:
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und wurde nicht gewarnt. Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und nicht nach Hause gegangen.
Q1: Ist es nun überhaupt richtig/stilistisch akzeptabel, bei zweifacher Negation die zweite auszulassen, natürlich unter der Voraussetzung, dass eh kein Missverständnis entsteht? Oder ist meine 'Denkweise' wie oben beschrieben schwer bis gar nicht nachvollziehbar?
Hinzu kommt nun noch, dass ich interessanterweise im zweiten modifizierten Beispiel eine leicht andere Interpretation empfinde, wenn ich das Hilfsverb ist auslasse bzw. wiederhole.
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und nach Hause gegangen.
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und ist nach Hause gegangen.
Den ersten Satz interpretiere ich sofort und unmissverständlich als "hoffentlich ist sie nicht nach Hause gegangen". Beim zweiten tendiere ich leicht dazu, es als "hoffentlich ist sie nach Hause gegangen". Würde hier aber auch die andere Interpretation nachvollziehbar empfinden.
Q2: Wie interpretiert ihr die Variante mit und ohne Wiederholung des Hilfsverbs. Bilde ich mir den Unterschied nur ein? Beeinflusst die Wiederholung wirklich die Aussage des Satzes, oder anders formuliert: Kann die Auslassung tatsächlich eine stärkere Bindung suggerieren (sprich: das eine ist eine Folge des Anderen) bzw. die Wiederholung eine lockere Bindung vermitteln und das Ganze als einfache Ellipse erscheinen lassen?
Anmerkung: Das Ausgangsbeispiel könnte übrigens auch so geändert werden, dass es der Form meines zweiten ergänzenden Beispiels entspricht:
Hoffentlich ist sie kein Risiko eingegangen und (nicht) ertappt worden.