Ich hoffe, dass es in Ordnung ist wenn ich auf Deutsch antworte. Es ist meine Muttersprache, und darin kann ich mich besser ausdrücken als auf Englisch. Auf Anfrage übersetzte ich meine Antwort jedoch auch gerne ins Englische.
Die Beobachtung, dass Deutschsprachige generell dazu tendieren, Wörter bestimmter Sprachen (Englisch, Französisch) wie in der Ursprungssprache auszusprechen, trifft nicht ganz zu.
Michelin
Der Markenname Michelin ist ein französisches Wort, und es wird in meiner Heimat Österreich auch französisch ausgesprochen: [miˈʃlɛ̃]. Als ich das erste Mal Fernsehwerbung aus Deutschland sah, wunderte ich mich sehr über die dort verwendete deutsche Aussprache [mɪçəˈlin]. In diesem Fall ist es also keineswegs so, dass es im gesamten deutschen Sprachraum dieselbe Aussprache für dasselbe Wort gibt.
Colgate
Dasselbe Phänomen erlebte ich beim Markennamen Colgate. Bei uns in Österreich hört man nur die originale englische Aussprache, während in Deutschland das Wort so ausgesprochen wird, als würde es sich auf Beate reimen.
Puzzle
Auch das ist ein englisches Wort, das in Österreich meist (jedoch nicht immer) wie »passl« (also englisch) ausgesprochen wird. In mehreren deutschen Fernsehshows hörte ich aber sowohl vom jeweiligen Moderator, als auch von Spielteilnehmern die Aussprache »putsle«, also eine deutsche Aussprache, und diese Variante wurde von niemandem korrigiert, scheint also in Deutschlang gängig zu sein.
Donald Duck
Hier ist es umgekehrt. Das englische Wort für Ente, duck wird natürlich mit einem spitzen a ausgesprochen: [dʌk]. Der Nachname der Comic-Figur Donald Duck wird aber in Österreich, vor allem von älteren Personen, wie der Imperativ von »ducken«, also mit u ausgesprochen: [duk]
Tupperware
Hier weiß ich nicht wie die Situation in Deutschland ist, aber in Österreich gibt es zwei Lager, die versuchen dem jeweils anderen Lagen die selbst für richtig gehaltene Aussprache beizubringen. Im Umlauf sind die deutsche Version [tʊpɐvaʁə] und die englische [tʌpəwæɹ]. Ich habe den Eindruck, dass beide Lager etwa gleich viele Anhänger haben.
Douglas
Auch der Name der Parfümerie-Kette Douglas führt zu einer ähnlichen Situation wie Tupperware: Die einen sprechen den Namen wie den Nachnamen des Schauspielers Michael Douglas, also [dʌɡləs], die anderen aber als [duglɑs]
Tramway
Das englische Wort für »Straßenbahn« wird - meiner Beobachtung nach - im ganzen deutschen Sprachraum wie ein deutsches Wort ausgesprochen [tʀamwai]. Die englische Aussprache [tʁamwɛ] habe ich hierzulande noch nie gehört.
Jute
Bei diesem englischen Wort hat die deutsche Aussprache [ˈjuːtə] die originale englische [ʤuːt] schon so sehr verdrängt, dass kaum noch jemandem bewusst ist, dass es sich hier um ein englisches Wort handelt.
Die hier angeführten Beispiele (ein französisches Wort, sonst lauter englische) belegen, dass es im deutschen Sprachraum weder eine einheitliche Aussprache für alle Fremd- und Lehnwörter aus verwandten bzw. benachbarten Sprachen gibt, noch dass generell alle englischen Wörter von einer Eindeutschung ausgenommen sind.
Den Grund dafür sehe ich darin, dass jene englischen Wörter, die bevorzugt deutsch ausgesprochen werden (Puzzle, Jute, Tramway und in Deutschland Colgate), zu einer Zeit in den deutschen Sprachraum einsickerten, als hier noch relativ wenige Menschen Englisch beherrschten.
Als dann Englisch ein Pflichtfach an deutschen und österreichischen Schulen wurde, stieg auch die Akzeptanz der englischen Aussprache. Gleichzeitig drangen immer mehr englische Wörter in den deutschsprachigen Alltag ein, die dann in ihrer englischen Aussprache übernommen wurden. In vielen Fällen wurde auch eine deutsche Aussprache gefunden, die zwar nicht ganz mit der originalen Aussprache übereinstimmt, ihr aber zumindest ähnlich ist. Es wird seit einigen Jahrzehnten also nicht mehr versucht, das geschriebene englische Wort so zu lesen als wäre es ein deutsches Wort (was in Österreich bei Donald Duck, in Deutschland bei Colgate und generell bei Jute durchaus der Fall ist).
Ich vermute, dass deutschsprachige Menschen Fremdwörter umso eher wie in der Originalsprache ausspreche, je mehr Menschen es gibt, die im deutschen Sprachraum diese Fremdsprache sprechen. Daher vermute ich, dass im Gebiet der ehemaligen DDR, wo lange Zeit an den Schulen Russisch ein Pflichtfach war, die Aussprache russischer Wörter eher wie in Russland klingt als das im Westen Deutschlands oder in Österreich der Fall ist.
Diese Hypothese würde auch erklären, warum die Chancen bei französischen und italienischen Wörtern relativ hoch sind, dass man sie wie in der Ursprungssprache ausspricht, während das beispielsweise bei Wörtern aus slawischen Sprachen nicht so sehr der Fall ist.