Ich muss mich doch sehr wundern (mit Augenzwinkern).
Erstens sind obige Formulierungen doch sehr "unzeitgemäß", (die Anführungszeichen sind bewusst):
Der Gender-star kam bisher gar nicht vor.
Hier mal ein Link dazu, nicht aus besonderem Grund ausgewählt, nur weil er den Konflikt aufzeigt: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-gruenen-machen-geschlechtsneutrale-sprache-zur-pflicht-a-1063228.html
Also politisch am korrektesten wäre also:
Student*innen mit Stern
Geschlechtsspezifische Ansprache finde ich übrigens die bessere Bezeichnung, vor allem, wenn man noch "die/der" verwendet, zumal das genderneutral gar nicht mehr geht, weil die Sprache dafür keinen Artikel hat Oder "das?"- ehrlich? Geschlechtsneutral wäre für mich die Nichtbetonung des Trennenden statt die Suche danach.
Student*en
wäre neutral, aber es hat sowas wie- ein Kompromiss, aber es nützt keiner Seite, und die oben genannte Kritik der falschen Betonung trifft ähnlich zu.
-- Disclaimer --
Ja, ich erlaube mir im Folgenden auch über Hintergründe statt nur über das Wie einer "korrekten" Ansprache zu diskutieren, weil ich finde, dass beides nicht trennbar ist:
Folgende Gründe für die Antwort, so wie sie ist (es muss nicht jeder zu Ende lesen. Deswegen hier die Warnung.).
-- Disclaimer --
Wenn * sich nicht diskriminiert fühlt, fühlt sich * auch von einer Ansprache in "gewohnter" oder üblicher Sprache angesprochen und es ist keine gesonderte Ansprache vonnöten.
In der Überbetonung sexueller Identität wie durch viele vermeintlich politisch korrekte Anreden meines Erachtens vorliegend, liegt eine Diskriminierung vieler anderer Identitäten, insbesondere solcher, die in der Anrede nicht herausgestellt werden.
Ich kann zwar besser verstehen, dass sich z.B. transsexuelle und intersexuelle Menschen allgemein in unserer Gesellschaft benachteiligt fühlen, nachdem ich welche kennengelernt habe, aber bei der Anrede handelt es sich meiner Meinung nach um eine Betonung des Falschen: Wenn ich einen beruflichen Vortrag halte, dann ist die sexuelle Identität unwesentlich. Folgerichtig müsste man zusätzlich noch die sexuelle Orientierung beimischen, obwohl es in der Sprache dafür gar keine Anrede gibt, und da möchte man ausrufen:
Und das ist auch gut so !
Ja, das stimmt doch. Wenn man so anfängt, dann würde ich bitteschön doch auch zuvorderst die homosexuellen Menschen begrüßen. Finde ich aber zu vereinfacht: Was ist mit den Menschen, die Frauen lieben, mit Männern lieber Sex haben, mit ihren Eltern kuscheln, mit Männern saufen, und wiederum andere Vorlieben, mit Schwulen gern Shoppen, über Lesben gerne Videos schauen, und andere Dinge wiederum mit ganz anderen Gruppierungen vorziehen? Und vielleicht lieber heute Mann sind, und auch als solcher angesprochen werden wollen, morgen aber lieber als Frau? Gibt es nicht? Da widerspreche ich!)
Ich habe doch viele Identitäten- s. "I'm a bitch. I'm a lover. I'm a child. I'm a mother. I'm a sinner. I'm a saint." Na gut, biologisch stimmt "mother" bei mir jetzt weniger, aber von einem sozialen Standpunkt der 50er Jahre kommt's auch hin, ich bin "Elter".
Bevor wir nachher also die Schwulen Machos, die Lesbischen Veganer, die Rauchenden Laktoseintoleranten alle einzeln anreden müssen, oder sogar noch groß schreiben, bevor die pansexuellen Intersexuellen mit den pansexuellen Homosexuellen nicht gemeinsam erwähnt werden wollen, wenn es bei der Veranstaltung aber z.B. um die Einführung einer Tempo-30-Zone im Wohngebiet geht- müssen wir meines Erachtens einhalten! Sex doesn't matter (here).
An der Fernuni Hagen wurde 2016 die Diskussion über das, was ich geschlechtspezifische Ansprache nenne, in der, quasi, Studierendenzeitung, wieder geführt- ich hatte echt gedacht, man könne sich mal um wichtige Diskriminierungen kümmern, s.u., die meisten StudentInnen werden später nicht zu den Unterprivilegierten der Gesellschaft gehören- wenn überhaupt je.
Ich vertrete die Ansicht- und viel wichtiger, ich kann sie auch begründen- dass weniger Verkrampfung das Wichtigste für die Gleichberechtigung aller ist, alle Formen, die dazu beitragen, empfinde ich als positiv, dazu zählen, z.B.:
Formulierungen, die klarstellen, dass es nicht (immer) notwendig ist, zwischen Geschlechtern zu unterscheiden, wenn es eben nicht notwendig ist. Denn dies ist für mich das Gegenteil einer modernen Gesellschaft, in der Frauen insb. einer immer stärkere Rolle spielen.
Äußerungen und Formulierungen, die nicht-missionarisch sind, sondern auf eigener Entscheidung beruhen, z.B. eine Fußnote, durchgängig die weibliche Form zu verwenden, usw. s.o.
zufällige Mischung, wie in der Frage genannt hat Vorteile auf beiden "Meinungslagern"
Wer unbedingt Anrede an sexuelle Identität knüpfen möchte, gerne mal ausschließliche Verwendung der weiblichen Form, jedenfalls lieber als Varianten, die ich als Sprachfaschismus empfinde, wenn es zum Zwang für Alle werden soll.
Sarkastische oder politisch augenzwinkernde oder überraschende Verwendung, z.B. "die Programmiererin", "das Student", "der Bundeskanzler, Frau Merkel"
Weiteres Beispiel: Ich war auf einer recht speziellen IT-Konferenz mit über 200 Teilnehmern, begrüßt wurde (und dann begründet) mit: "Sehr geehrte Dame, sehr geehrte Herren". Das passt, da wird auch jedem klar, da müsste sich was ändern.
Die ausdrückliche Nennung des Weiblichen sollte man dafür generell betonen, wenn es Sinn macht, gerne auch politisch. Z.B. In der Programmierung bzw. Graphentheorie gibt es oft Kind-/Eltern-Knoten. In manchen Artikeln wird auch Vater-Knoten verwendet, z.B. http://www.enzyklo.de/Begriff/Elternknoten
Ich las mal einen Leserbrief einer Informatikerin, die darauf hinwies, das wäre biologisch eher schwach, Tochter-/Mutterknoten wäre besser, denn nur: Mater certa est.
Das gefällt! Da hat es Stil, Sprachgebräuche zu ändern, gerne die weibliche Form zu wählen statt der neutralen.
Wichtig an der Diskussion finde ich Folgendes zu erwähnen:
Ich sehe in Deutschland einen Reflex alles zu glauben, was in gewissen Kreisen behauptet wird, ohne es zu hinterfragen. Niemand will diskriminiert sein, aber man und frau muss über den Status weiblicher Diskriminierung 2017 auch nicht alles glauben. Es ist m.E. vor allem mehr Ehrlichkeit nötig. Wenn * sich über den gender gap (Vor allem welchen? Was ist mit den lesbischen berufstätigen Müttern, den alleinerziehenden Vätern, was ist gerade, wenn wir beim gender star sind, mit den Transsexuellen im Beruf?) aufregt, der durchaus diskutierenswürdig ist, aber eben mehrdimensionale Ursachen hat und auch solche Erkenntnisbereitschaft und Lösungen fordert, sollte man schon berücksichtigen, ob * z.B. zu den 10% seiner Firma oder der Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen gehört oder nicht, und welcher Diskriminierung dann die Anderen unterliegen, egal ob Männer oder Frauen.
Dass in der deutschen Sprache das Weibliche unterrepräsentiert sei, insbesondere unzureichend angesprochen werden, ist z.B. m.E. ein nicht auszurottender Irrtum.
Das komplette Plural ist weiblich! Also kann man argumentieren, immer, wenn man "die" Mitarbeiter anspricht, dass man damit NATÜRLICH auch die männlichen, angesprochen sind...
Praktisch alles Geld der Welt gehört der Weiblichkeit: Jede Firma ist in Verträgen, auch im Rechtsdeutsch weiblich, nicht nur die "Tochterfirmen". Z.B. steht in jedem Gerichtsprotokoll "die Klägerin", wenn es sich um eine GmbH ("die") oder AG, OHG, etc. handelt !!!
Wie schon gesagt: Die (Über)betonung sexuell unterschiedlicher Identitäten, insb. wenn sie permanent in einem Vortrag oder Schriftwerk erfolgt, ist erstens unnütz, weil meist sachfremd, zweitens diskriminierend und unfortschrittlich, weil es viele andere Identitäten gibt, und damit in einer demokratisch/freiheitlich/pluralistischen Gesellschaft kontraproduktiv, weil das Trennende betont wird und nicht das Gemeinsame. Wenn es bewusst erfolgt, weil es vielleicht Sinn macht, also etwa eine tatsächliche Minderheit begrüßt oder eine Benachteiligung verbalisiert wird, ist es etwas anderes.
Wir sind nicht mehr im 20. Jahrhundert und sollten in dem Punkt entspannen: Frauen kommen gewaltig- auch ohne Quote übrigens!
Wir müssen 2017 nicht mehr die Diskussionen der 80er oder 90er Jahre des letzten Jahrhunderts führen. Frauen haben die besseren Schulabschlüsse, die besseren Hochschulabschlüsse.
Wo, wenn nicht in New York lassen sich Trends ablesen:
https://www.welt.de/wirtschaft/article1244246/Wo-Frauen-mehr-verdienen-als-Maenner.html
Anmerkung am Rande: Mit meinem Schornsteinfeger kam zufällig heute eine weibliche Auszubildende mit. 20 weibliche Azubis in ihrem Jahrgang. Wie ich schon sagte: Dinge ändern sich, Kämpfe der Vergangenheit kann man abschwächen.
Warum spielen berufliche Entwicklungen eine Rolle für die genannte Frage: Weil man doch vielleicht dann die Sprache im Dorf lassen kann. Ich empfand auch die Rechtschreibreform als Zumutung für Menschen, die schon die Schule hinter sich haben, die Umsetzung der Kontonummer zu IBANs ist didaktisch/psychologisch (oft 4-5 Nullen) eine Katastrophe, usw. Darauf folgt: Man muss Menschen nicht mehr vergewaltigen als nötig.
- Ja, es gibt Diskriminierung! Aber Frauen sind davon als homogene Gruppe im Vergleich wenig betroffen. Überrascht? Ich kann es aber belegen:
Beruflich stärker diskriminiert ist die Gruppe der Älteren, schon ab 40 wird es schwer, eine neue Anstellung zu finden, ab 50 noch mehr. Beim Verdienst werden die Jüngeren und Berufseinsteiger diskriminiert, das nicht oder kaum bezahlte Praktikum winkt oft statt Festanstellung, oder eben Befristung, etc. Menschen mit ausländisch klingenden Namen finden schwerer eine Anstellung, zumal eine gutbezahlte, desgleichen Wohnungen. Selbständige werden diskriminiert, weil es nicht einmal annähernd rechtssichere Kriterien gibt, was sie der Willkür Einzelner bei deren Beurteilung ausliefert.
Ja, es gibt sicher Schwierigkeiten und Diskriminierung rund um das Mutterdasein, insb. alleinerziehende Mütter, Wiedereinstieg, gleiche Chancen im familienverträglichen Teilzeitjob, usw., aber diese betreffen nicht die Gruppe aller Frauen, sondern teilweise Männer auch.
Nehmen wir das Beispiel der Quote für Aufsichtsrätinnen... es handelt sich hier um höchst privilegierte Menschen, die Kandidatinnen könnten z.B. kinderlos sein und damit nicht zur Gruppe der wirklich Benachteiligten zählen, des weiteren zumeist auch vorher sechsstellige Jahreseinkommen, nicht wenige bereits Nutznießer hoher und höchster Familien- oder Elterneinkommen und -vermögen sein- ich finde es reichlich unverständlich, dort, wo es der Mehrheit der Frauen nichts nützt, einzugreifen.
Das zuvor zugegeben ausführlich Genannte hat sehr wohl eine Bedeutung in einer Antwort auf eine Frage zu "Ideen zur Anrede", die auch die Begründung der Frage einbeziehen möchte.
Denn:
Das Alles würde ich auch gerne in einer Anrede im Deutschen ausdrücken können. Eine Utopie:
"Verehrte Bürger!
Ich möchte ausdrücklich anläßlich dieser Bürgerdiskussion über die Fußgängerampel auch die Schülerinnen und Schüler der jetzt seit 130 Jahren bestehenden Alice-Schwarzer-Schule begrüßen, die heute mitstimmen werden, ja die sogar heute jeder zwei Stimmen bekommen, denn es ist ja ihr Schulweg.
...
"