Derart absolute Aussagen sind in der Linguistik selten möglich. In Wirklichkeit überlagern sich oft alle möglichen Effekte. Aufgabe der Grammatiker ist es dann, eine möglichst einfache Terminologie zu finden, die den tatsächlichen Gebrauch der Sprache möglichst genau beschreibt.
Relativpronomen sind oft auch gleichzeitig Fragepronomen, aus denen sie ursprünglich entstanden sind:
1) Ich will wissen: Was willst du essen?
2) Was hast du gesagt? Das ist irrelevant.
3) Was willst du? Davon hängt das ab.
4) Was hast du gesagt? Daran erinnere ich mich.
4a) Wo hast du es gesagt? Daran erinnere ich mich.
4b) Was hast du gesagt? An das erinnere ich mich.
Neben der Zeichensetzung besteht der Unterschied zu den ursprünglichen Beispielen nur in der Wortreihenfolge, und die war in früheren Stadien deutlich anders als heute und ganz früher (im Althochdeutschen) auch viel variabler. Aber auch im Frühneuhochdeutschen konnte man das meist noch nicht am Satzbau allein unterscheiden. Frühneuhochdeutsche Texte sind voll von Konstruktionen, die irgendwo zwischen zwei vollen Sätzen und einem Satz mit Nebensatz schweben.
Die Grammatik als ein System von absoluten Regeln bezieht ihre Legimitation ausschließlich daraus, dass sie den tatsächlichen Sprachgebrauch der beabsichtigten Gruppe von Sprachbenutzern (meistens angestrebt: die besten Autoren) hinreichend genau approximiert. Die Diskussion darüber, ob was im Einzelfall (eher) als Relativpronomen oder (eher) als Fragepronomen verwendet wird, ist eigentlich nur für die Autoren von Grammatiken sinnvoll, die daran arbeiten, die Sprache mit möglichst wenig Grundbegriffen möglichst genau zu beschreiben. Die können sich z.B. fragen, ob wir den Begriff des Relativpronomens wirklich brauchen. Kommen wir auch mit der Aussage aus, dass ein Relativsatz durch ein Frage- oder Demonstrativpronomen angeschlossen wird?
Zu den Unterscheidungen, die eine Grammatik treffen kann aber nicht zwingend muss, gehört auch die mir bisher nicht geläufige zwischen Relativpronomen und (den neuen) Relativadverbien, zwischen Fragepronomen und Frageadverbien. (Zu meiner Schulzeit war sie noch gar nicht üblich. Inzwischen ist sie mir öfters für das Englische und Französische begegnet. Jetzt sehe ich sie zum ersten Mal auch fürs Deutsche.) Wikipedia sagt zu den Relativadverbien, dass sie meistens formgleich mit Frageadverbien sind und es außer der (wohl semantisch motivierten) leicht eingeschränkten Verwendbarkeit von wann in Relativsätzen kaum einen Unterschied gibt. Es ist also denkbar, dass die jetzt übliche Unterscheidung von ...pronomen und ...adverbien letztlich dazu führen wird, dass man die Kategorien Relativadverb und Frageadverb zusammenfassen wird. Für das Relativ- und Fragepronomen was ist das natürlich nur insoweit relevant, als es zeigt, dass diese Kategorien nicht als naturgegeben und absolut interpretiert werden sollten.