In dem Beispielsatz oben kommen vier Verben zum Einsatz. Hat diese Form einen eigenen Namen, oder ist das eine Kombination aus verschiedenen Formen (z. B. Perfekt und Konjunktiv II)?
Anderes Beispiel:
Ich hätte das gewusst haben sollen.
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Sign up to join this communityIn dem Beispielsatz oben kommen vier Verben zum Einsatz. Hat diese Form einen eigenen Namen, oder ist das eine Kombination aus verschiedenen Formen (z. B. Perfekt und Konjunktiv II)?
Anderes Beispiel:
Ich hätte das gewusst haben sollen.
Ich frage mich, ob man die Beispielsätze vor der grammatikalischen Untersuchung nicht vereinfachen könnte, ohne an Inhalt zu verlieren.
Ich hätte früher dort sein müssen.
wäre eine „normale“ irreale Modalverbkonstruktion. „Hätte ... müssen“ ist das Modalverb (mit Hilfsverb haben), das im Plusquamperfekt Konjunktiv II steht; „sein“ das Hauptverb im Infinitiv. Genauso beim zweiten Beispiel:
Ich hätte das wissen sollen/müssen.
Das vierte Verb („gewusst“, „gewesen“) ist jeweils das Hilfsverb zum Hauptverb, um jenes in die Vergangenheit zu setzen.
Die Änderung des Hauptverbs in eine Vergangenheitsform drückt in meinen Augen eine gewissen Abgeschlossenheit dieser Handlung aus (ich hätte dort sein müssen, wäre aber inzwischen wieder dort weggegangen; ich hätte es wissen müssen, es aber seitdem wieder vergessen können?). Sie kann also bedeutungstragend sein.
Ohne das es wirklich hundertprozentig passt, erinnert mich das aber eher an den umgangssprachlichen und nur selten angebrachten „Plusquamperfekt II“ oder „Doppelplusquamperfekt“ (siehe auch Wikipedia:Doppeltes Perfekt und der Eintrag im Lexikon auf mediensprache.net).
Die Konstruktion hat also zwar einen eigenen Namen, sie ist aber gleichzeitig auch aus verschiedenen Formen konstruiert (zweimal Verb plus Vergangenheits-Hilfsverb).
P.S. zum Thema „zu viele Verben“: „Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut“ versammelt ihrer sechs :-)
Ich kann leider noch keine Kommentare schreiben, daher betrachte meine Antwort bitte als Ergänzung zu @tohuwabohus Antwort:
Der Sinn des vorliegendes Satzes
Ich hätte das gewusst haben sollen.
ist der Ausdruck einer irrealen Begebenheit, die zeitlich zurückliegt und abgeschlossen ist. Er beinhaltet eine versäumte Verpflichtung, etwas vor einem zurückliegenden Zeitpunkt gewusst zu haben, im Gegensatz zur versäumten Verpflichtung, etwas an einem zurückliegenden Zeitpunkt zu wissen, was der folgende Satz ausdrückt:
Ich hätte das wissen sollen.
So verstehe ich die beiden Aussagen als Muttersprachler, aber das heißt nicht, dass beide korrekt gebildet sind.
Der zweite Satz ist eine streng lehrbuchmäßige Konstruktion, bestehen aus
Ich habe keine Quelle gefunden, die die Konstruktion des ersten Beispielsatzes rechtfertigt. Allerdings muss ich @tohuwabohus Antwort um folgendes ergänzen, so dass vielleicht gemeinsam eine vollständige Lösung gefunden werden kann:
Die Form "gewusst haben" ist ein Infinitiv Perfekt. Ich könnte mir vorstellen, dass es eine Regel gibt, die den Konjunktiv II Vergangenheit mit einem Infinitiv Perfekt statt des Infinitiv Präsens aus Schritt 2. bildet, um eine Vorzeitigkeit der Handlung gegenüber der Betrachtzeit des Satzes auszudrücken.
Zunächst ist zu sagen, dass das sollen in "ich hätte das gewusst haben sollen" als Partizip Perfekt fungiert. Man spricht bei den Modalverben im Perfekt von einem "Ersatzinfinitiv", der für das Partizip 2 eintritt.
Man könnte fragen, ob die Vergangenheit dieses Ersatzinfinitivs sollen sich auf den Infinitiv wissen überträgt.
Dies scheint der Fall zu sein in einem Beispiel mit einem anderen Modalverb
Ich wollte (da) einen Kaffee trinken, (aber dazu kam es da nicht mehr).
Das vergangene wollen bezieht sich hier auf ein nicht stattgefundenes vergangenes Kaffeetrinken in dieser Situation ("da") und ist nicht dadurch einzulösen, dass ich jetzt einen Kaffee trinke, und dem hätte auch nicht dadurch entsprochen werden können, dass ich irgendwann später doch noch einen Kaffee getrunken hätte.
Bei dem Satz
ich hätte das wissen sollen
scheint der Fall analog zu liegen: Die vergangene Realität war, dass ich es (damals) nicht wusste oder dass mir (damals) einiges nicht klar war, obwohl ich mir rückblickend (jetzt) sage, dass man damals mit einigem Recht hätte erwarten können, dass ich es wüsste bzw. mir über weitere Konsequenzen im Klaren wäre. Das erwartbare Wissen liegt meiner Einschätzung nach in der Vergangenheit. Dass ich es jetzt weiß, heilt mein damaliges Unwissen nicht.
Der Vergangenheitsbezug des Wissens ergibt sich aus dem Vergangenheitsbezug des hätte + Partizip Perfekt. Es ist nicht erforderlich, die Vergangenheit dieses Wissens durch einen Infinitiv Perfekt ein weiteres Mal zu markieren.
Es sei denn, man hätte ein von tohuwabohu genanntes Doppelperfekt konstruieren wollen. Rein technisch wäre die so konstruierte Verbform dann als "Konjunktiv II Doppelplusquamperfekt des Modalverbs 'sollen'" zu bezeichnen. Ob man eine solche Konstruktion auch verstehen kann, wage ich nicht zu entscheiden, weil für mich Doppelperfekt- und Doppelplusquamperfektformen inhaltlich nicht gut zu greifen sind.
Grundsätzlich würde ich bezweifeln, dass überkonstruierte Verbalkomplexe überhaupt noch (gut) analysierbar sind. Zumindest erschweren sie das Verständnis. Dies betrifft u.a. Häufungen von Modalverben (man sollte das verstehen können dürfen) als z.B. auch passivische Futur-II-Konstrukte (das hätte so nicht gesagt worden sein dürfen). Derartiges wird normalerweise vermieden.
Man könnte übrigens auch fragen, ob der angestrebte Inhalt nicht auch mit
ich hätte das haben wissen sollen
wiederzugeben wäre.