Der Ausdruck "Einen über den Durst trinken" bedeutet im Prinzip "sich betrinken" - so viel ist klar.
Frage:
Aber soll damit wörtlich lediglich angedeutet werden, dass man Alkohol trinkt, um seinen Durst zu löschen, oder soll es bedeuten, dass man sogar "über den Durst" hinaus, bzw. "über das Durstlöschen hinaus" trinkt, obwohl der Durst längst gestillt ist?
Weitere Gedanken:
- Mit "Durst" könnte einerseits das körperlich spürbare Verlangen gemeint sein, Flüssigkeit aufzunehmen, andererseits könnte es auch metaphorisch für "Lust" oder "Verlangen" (hier nach Alkohol) stehen. Zweiteres würde den Satz zu einer verharmlosenden Form von "Um meine Lust zu befriedigen / Über meine Lust hinaus habe ich einen getrunken." machen.
- Das Wort "über" könnte einerseits das Überschreiten einer Grenze - der Durstgrenze - suggerieren. Andererseits könnte das "über" auch eine ähnliche Funktion erfüllen wie zum Beispiel im Satz: "Über den ganzen Trubel habe ich vergessen, ihr zum Geburtstag zu gratulieren." Die Bedeutung wäre dann so etwas wie "weil" oder "wegen": "Wegen des Trubels habe ich...", bzw. "Wegen meines Durstes habe ich einen getrunken."
"Einen" bedeutet wahrscheinlich "einen Schnaps", "einen Humpen", "einen Schluck" oder ähnliches.
- Mit Schnaps löscht aber vermutlich niemand seinen körperlichen Durst, eher seinen metaphorischen.
- Einen Schluck über die Durstgrenze hinaus zu trinken, ergibt für mich nicht viel Sinn, wenn man aussagen will, dass man sich betrinkt. Da man zum Zeitpunkt des Erreichens der Durstgrenze wahrscheinlich längst betrunken ist, macht ein Schluck mehr auch keinen Unterschied. Eher könnte man damit ausdrücken, dass man bis zum körperlichen Unwohlsein getrunken hat. (Wasserbauch, Bauchschmerzen, volle Blase)
- Ein Humpen (etwa Bier) macht noch am meisten Sinn, wenn man sagen will, dass man über die Durstgrenze hinaus trinkt, aber auch die metaphorische Variante funktioniert.
Zusammenfassend finde ich, dass "einen" eher darauf hindeutet, dass ein metaphorischer Durst (eine Lust) befriedigt wird, da es dann mehr Möglichkeiten gibt, etwas Konkretes für die bewusste Lücke "einen", die zu schließen offenbar der Fantasie des Lesers/Zuhörers überlassen wird, einzusetzen. Da der Satz so zur humoristischen Verharmlosung wird, bzw. ein vorgespieltes körperliches Verlangen zur Rechtfertigung angeführt wird, deutet das nicht darauf hin, dass hier davon die Rede ist, generell seinem Durst mit alkoholischen Getränken beizukommen oder seine Lust nach eben solchen zu befriedigen, anstatt vom Erreichen der scheinbar offensichtlichen Durstgrenze, was doch eher eine "wissenschaftliche" Denkweise nahelegen würde, die nicht ganz zur Situation passt?
Das sind aber alles Spekulationen meinerseits und ich habe mich gefragt, ob es eine Antwort auf diese Frage jenseits der Spekulation gibt.