Ein "Satz" ist ein theoretisches Konstrukt, das keine genaue Entsprechung in der Sprachwirklichkeit hat.
Zuerst ist da das Sprechen und Schreiben der Menschen. Diese Sprachpraxis beobachten Linguisten und versuchen, Regelhaftigkeiten zu erkennen. Den Versuch, diese Regeln, die möglicherweise die Sprachproduktion leiten, aus der Sprachpraxis abzuleiten, nennt man "Grammatik". Grammatik ist also nicht das Regelwerk einer Sprache, sondern eine Hypothese, die auf bestimmten Annahmen beruht. Eine dieser Annahmen ist der Satz.
Wie aber kommt man auf die Idee des Satzes? Die Grammatik hat sich (in der Antike) zuerst mit den Worten beschäftigt: ihrer Bedeutung, Etymologie und Morphologie. Erst ungefähr im 2. Jhdt. v. Chr. begannen die griechischen Grammatiker dann, sich mit der Syntax zu beschäftigen. "Syntax" bedeutet soviel wie "das geordnete Zusammensetzen" und untersucht, wie Worte zu sprachlichen Äußerungen zusammengesetzt und angeordnet werden.
Bei dieser Untersuchung wurden die Regeln von Subjekt, Prädikat und Objekt aufgestellt, die wir aus dem Griechisch- und Lateinunterricht kennen. Die älteste Definition eines Satzes ist also eine, die ein Subjekt und Prädikat beinhaltet. Dies liegt auch daran, dass die antiken Grammatiker ihre Theorie der Syntax in Bezug auf die philosophische Logik erstellt haben, die sich mit Aussagen und ihren Bestandteilen beschäftigt.
Späteren Syntaktikern ist dann aber bald aufgefallen, dass sprachliche Aussagen nicht unbedingt vollständige Sätze im Sinne einer Prädikatenlogik sind. Viele Sätze scheinen unvollständig oder widersprechen der Subjekt-Prädikat-Objekt-Definition. Deshalb wurde versucht, neue Definitionen zu finden, die das Konzept des Satzes erweitern, oder es wurden andere Textelemente definiert, die keine Sätze sind und neben diesen existieren (z.B. Interjektionen).
Um nach dieser ausführlichen Einleitung nun endlich auf deine Frage zu kommen, welches der kürzestmögliche deutsche Satz ist, so macht diese Frage aufgrund des hypothetischen Charakters des Konzeptes "Satz" wenig Sinn. Zum einen kommt man, je nachdem welche Definition von "Satz" man zugrunde legt, zu je unterschiedlichen Antworten. Zum anderen erfasst diese Antwort die sprachliche Wirklichkeit möglicherweise überhaupt nicht.
Eine sinnvollere Frage wäre z.B., welches die kürzest mögliche sprachliche Äußerung ist. Oder welches die kürzest mögliche Subjekt-Objekt-Konstruktion ist. Ob dies dann "Sätze" sind, ist eine Frage, für die sich im Grunde nur Linguisten interessieren und die für die Sprachpraxis ohne Bedeutung ist.
Die kürzestmögliche sprachliche (also bedeutsame) Äußerung ist ein einzelner Laut. Beispiele sind einzelne Phoneme:
"Schau mal."
"Oh."
Die Interjektion "oh" wird zwar in der Regel nur, wenn sie in Verbindung mit anderen Wörtern vorkommt, als einzelner Buchstabe ohne "h" geschrieben, ist aber gesprochen ein einzelner Laut.
und phonemlose Laute:
"Peter?"
"Hm?"
Das "hm" ist hier kein Phonem [bedeutungsunterscheidende lautliche Einheit], da die Bedeutung dieser Äußerung nur von der Intonation abhängt. Sie kann sowohl mit geschlossenem ("hm?"), halb geöffnetem ("hn?"), als auch mit geöffnetem Mund (geschrieben "hä?", gesprochen "h?") gesprochen werden.
sowie Namen von Lauten:
"Schreibt man Käse mit e oder ä?"
"Ä."
Die kürzesten nach den unterschiedlichen Regeln der Syntax gebildeten Satzkonstruktionen sind in den anderen Antworten zu finden.