In der bisherigen Antwort und in auch in den Kommentaren steht bereits viel Wissenswertes, aber leider eben auf viele Kommentare und eine Antwort verteilt. Zudem bin ich bei meinen Recherchen auf neue Erkenntnisse gestoßen. Daher fasse ich hier, in einer Antwort auf meine eigene Frage, die Erkenntnisse zusammen, die ich nun für richtig halte.
Vor der eigentlichen Beantwortung der Frage müssen aber zwei Sachverhalte klargestellt werden:
1. Wortarten und grammatische Funktionen sind nicht dasselbe
Wortart
Ein Wort gehört auch dann einer bestimmen Wortart an, wenn es außerhalb eines Satzes steht, also wenn es z.B. die Überschrift eines Wörterbucheintrags ist. Wenn ein Wort anscheinend zwei oder mehr Wortarten anzugehören scheint, dann handelt es sich in Wahrheit um mehrere Wörter, die jeweils nur einer einzelnen Wortart angehören. (Man kann bei solchen Homonymen auch anderer Ansicht sein, ich lege hier aber diesen Standpunkt zugrunde.)
Beispiel:
Er sagt, sein Bruder würde bald hier sein.
Die beiden Instanzen von »sein« im obigen Satz sind zwei verschiedene Wörter, die unterschiedlichen Wortarten angehören (es ist nicht zweimal dasselbe Wort). Das erste »sein« ist ein Possessivpronomen, das zweite ist ein Vollverb. Es trifft nicht zu, dass »sein« zugleich ein Pronomen und ein Verb ist.
grammatische Funktion
Ein Wort, oder eine Gruppe von Wörtern, kann eine grammatische Funktion nur in einem Satz oder in einer satzähnlichen Wortfolge inne haben.
Dieser gegensätzliche Unterschied zwischen intensiv und extensiv allein reicht schon aus, Wortart und grammatische Funktion als voneinander verschieden zu erkennen. [Intensiv: Allein aus dem Wort selbst ableitbar. Extensiv: Durch die konkrete Einbettung in eine Umgebung (einen Satz) definiert.]
2. Adjektive und Adverbien sind nicht dasselbe
Hier wurde bereits ironisch der Vorschlag in die Diskussion eingeworfen, diese beiden Wortarten zu einer zusammenzufassen, denn dann bestünde bei der Klassifizierung Klarheit. In anderen Quellen wird dieser Ansatz sogar ernsthaft diskutiert, aber eben nur diskutiert, nicht mehr. Ich kenne keine seriöse Publikation, in der beide Wortarten tatsächlich zu einer zusammengefasst werden, und das lässt sich auch gut begründen:
- Adjektive können als Attribute von Nomen verwendet werden, Adverbien nicht.
- Adjektive werden, wenn sie attributiv verwendet werden, nach Zahl, Geschlecht, Fall und Bestimmtheit gebeugt. Adverbien werden hingegen nicht gebeugt.
Zu beiden Punkten gibt es seltene Ausnahmen:
attributive Adverbien
Mein Freund hier schläft.
Das Wort hier bezieht sich nicht auf die Tätigkeit, also nicht auf »schläft«, sondern auf »mein Freund«. Es wird hier also attributiv verwendet. Das erkennt man auch daran, dass hier Teil einer Nominalphrase ist (»mein Freund hier«). Attribute sind sonst meist Adjektive (wie z.B. das Wort »alt« in »mein alter Freund«).
Dass hier trotz des attributiven Gebrauchs noch immer ein Adverb ist, erkennt man an zwei Dingen:
- Das attributive Adverb steht hinter dem Substantiv, das attributive Adjektiv steht davor.
- Obwohl es ein Attribut ist, wird das Adverb nicht gebeugt. Das Adjektiv hingegen wird bei attributiver Verwendung gebeugt.
Steigerung bei Adverbien
Heinz kommt oft in die Stadt, aber Martina kommt öfter.
Wie man sieht, wird das Wort »oft« hier gesteigert. Es wird zuerst als Positiv (»oft«), dann als Komparativ (»öfter«) verwendet. Dass »oft« ein Adverb ist, erkennt man daran, dass man dieses Wort nicht als Attribut vor einem Substantiv verwenden kann:
Falsch: Der ofte Heinz kommt in die Stadt.
Es gibt nur sehr wenige Adverbien, die gesteigert werden können (wohl, bald, gern, oft), und es ist unter Experten ohnehin umstritten, ob Steigerungen zu den Flexionen gehören, oder ob es sich um Wortbildungen handelt.
Nach den einleitenden Klarstellungen folgt nun die eigentliche Antwort auf die gestellte Frage:
adverbielle Adjektive sind keine Adverbien, sondern Adjektive
Wenn Wörter verwendet werden, um in einem Satz eine Eigenschaft eines Verbs wiederzugeben, dann werden diese Wörter adverbiell verwendet. Da diese Verwendung durch die Einbettung in einen Satz bestimmt ist, handelt es sich hier um eine grammatische Funktion. Diese Verwendungsart definiert also keine Wortart.
Beispiele:
Anna fährt schnell.
Anna fährt ausnahmsweise.
Diese grammatische Funktion hat einen Namen. Man nennt die Wörter »schnell« und »ausnahmsweise« in den obigen Sätzen aufgrund ihrer grammatischen Funktion »Adverbiale«. Wichtig: Adverbial ist eine grammatische Funktion, vergleichbar mit Attribut, also ausdrücklich keine Wortart.
Die Wörter »schnell« und »ausnahmsweise« gehören aber verschiedenen Wortarten an. Die Bestimmung der Wortart verläuft zwar wieder über grammatische Funktionen, aber nicht über eine bestimmte Funktion, sondern darüber, in welchen Funktionen das Wort verwendet werden kann.
schnell
Dieses Wort kann als gebeugtes Attribut vor einem Substantiv innerhalb einer Nominalphrase verwendet werden:
ein schneller Läufer
Daher ist schnell ein Adjektiv.
ausnahmsweise
Dieses Wort kann nicht auf diese Weise verwendet werden:
Falsch: ein ausnahmsweiser Läufer
Daher ist »ausnahmsweise« kein Adjektiv, sondern etwas anderes. Da »ausnahmsweise«, wie oben gezeigt, zwar als Adverbial, aber eben nicht als Attribut verwendet werden kann, muss »ausnahmsweise« ein Adverb sein.
Schlussfolgerung
Das Wort »schnell« ist in dem Satz »Anna fährt schnell« ein Adverbial (= grammatische Funktion), aber kein Adverb (= Wortart), sondern ein Adjektiv.
Die Argumentation für »schnell« kann auf die gleiche Weise auf alle adverbiellen Adjektive angewendet werden. Daher bleiben alle Adjektive auch dann weiterhin Adjektive, wenn sie Adverbiale sind. Auch dann, wenn sie aufgrund ihrer Funktion im Satz Adverbiale sind, macht das aus ihnen keine Adverbien.