Eben weil der Genitiv vielfach als "bedroht" und von "Einfachsprachlern"(keine Wertung) oft (an den Stellen, wo er eigentlich richtig wäre) durch den Dativ verdrängt wird, gilt er oft als gehoben und wird oft von Menschen, die sich gehoben ausdrücken wollen, gerne verwendet.
Der possesive ("das Haus des Lehrers") und attributive ("die Segel des Schiffes") Genitiv wird in der geschriebenen Sprache durchaus oft verwendet. Viele (süddeutsche) Dialekte kennen allerdings gar keinen Genitiv, sondern verwenden "von" + Dativ, was viele deswegen auch als akzeptiert betrachten.
Der partitive Genitiv (wir tranken reichlich süßen Weins) ist wohl zusammen mit dem absolutus (ich bin guten Mutes) auf dem Rückzug. Im heutigen Deutsch werden beide Formen als extrem gehoben/förmlich betrachtet und der Anwender läuft Gefahr, als Snob betrachtet zu werden.
Eine Menge Verben, die traditionell den Genitiv regieren, werden inzwischen oft auch mit dem Dativ akzeptiert - Es gibt aber auch eine Entwicklung in die Gegenrichtung, bei der man beobachten kann, dass Präpositionen, die historisch sowohl Dativ als auch Genitiv regieren können, zunehmend mit dem Genitiv verwendet werden:
- außer der Reihe, außer Landes - dürfte genausogut auch mit Dativ stehen, Genitiv ist aber bevorzugt
- binnen dreier Tage bezahlt - Es war so kalt, dass ich binnen Kurzem total durchgefroren war
- dank, laut, trotz, zufolge sind ähnliche Beispiele, die traditionell wunderbar mit beiden Fällen funktionieren, zumindestens in der "gehobenen Sprache" zunehmend mit Genitiv verwendet werden.
Wegen der oben angeführten angenommenen "Noblesse" des Genitivs wird er auch oft zur Angelegenheit der Hyperkorrektur - Weil sich jemand besonders gepflegt ausdrücken möchte, verwendet er den Genitiv an Stellen, wo er eigentlich gar nicht hingehört - ein paar Beispiele, wo oft ein Genitiv verwendet wird, obwohl ein Dativ oder eine passende weitere Präposition hingehört:
Das Hotel ist gegenüber des Postamts
vis-á-vis des Rathauses ist ein Hotel
Gemäß des Kaufvertrags überweise ich ...
Ich befürchte, dein letzter Beispielsatz ("das Sofa ist guten Zustands") ist daher ein Fall von Hyperkorrektur - Es gibt zwar einen Genitivus Absolutus, der wird aber im Deutschen nur verwendet, wenn es um seelische oder geistige Zustände geht, wie in "ich bin guten Mutes" oder "ich bin froher Erwartung" - Für ein Ding wie ein Sofa und etwas profanes wie einen Zustand wäre die Anwendung sicher falsch.
Zusammengefaßt:
Um den Genitiv mache ich mir keine Sorgen
Ich mache mir keine Sorgen wegen des Genitivs
Ob man deswegen gleich eine "Genitivepedemie" wie bei dem von u.u. verlinkten Belles Lettres-Artikel herbeireden muss, finde ich allerdings zweifelhaft.