Daniel Scholten hat wohl versucht, aus der altgriechischen Deklination von χάος (chaos) einen im Deutschen bizarr aussehenden Plural zu bilden.
Der Wortstamm von χάος (Nominativ Singular) lautet in verschiedenen altgriechischen Dialekten χαε- (chae-), die Pluralendung wäre -α (-a). Der Plural (falls es tatsächlich einen geben sollte) müsste also χαεα lauten, was in der Umschrift chaea wäre.
Scholten hat das -ae- gemäß deutscher Gepflogenheiten in ein -ä- abgewandelt, so dass sich die bizarre Form Chäa ergibt. Hier handelt er analog zur Wiedergabe lateinischer Wörter, bei denen der Diphthong ae im Deutschen gerne mit dem Umlaut ä wiedergegeben wird, vgl. etwa lat. Caesar und dt. Cäsar.
Der Grund liegt darin, dass sich der Lautwert von ae, der noch zu Caesars Zeiten eher einem ai (wie in dt. Mai) entsprach, schon in der Antike zu einem offenen e gewandelt hat, das sich wie ein deutsches ä angehört haben dürfte.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob dies bei einem altgriechischen αε (ae) auch korrekt ist. Dem lateinischen ae entspricht im Griechischen der Diphthong αι (ai), sodass Griechen in der Antike z.B. Caesar als Καισαρ (Kaisar) wiedergaben. Griechische Fremdwörter mit einem αι (ai) werden deshalb, weil sie meist über den Umweg über das Lateinische ins Deutsche kamen, mit ä geschrieben, z.B. gr. σφαιρα > lat. sphaera > dt. Sphäre.
Entsprechend schreiben wir griechisches αι (ai) auch dann als ä, wenn es keine lateinische Zwischenform gibt. Das ist nicht zuletzt auch dadurch gerechtfertigt, da das neugriechische αι (ai) ebenfalls fast wie ein deutsches ä gesprochen wird.
Griechisches αε (ae) scheint mir aber kein Diphthong gewesen zu sein, sondern tatsächlich zwei unabhängige Vokale repräsentiert zu haben, weshalb die Pluralform eher cha-e-a ausgesprochen werden müsste. Statt Scholtens Chäa würde ich also eher Chaea als korrekte Pluralform ansehen (die aber im Deutschen wohl doch die meisten Leser als Chäa aussprechen würden).
Insofern nehme ich an, dass Scholten wohl ein Fehler, evtl. eine Verwechslung mit dem Lateinischen, unterlaufen ist (sofern er nicht mehr weiß als ich).
EDIT nach dem Verweis von Hubert Schölnast auf en.wiktionary.org/wiki/χάος:
Im attischen Dialekt des Altgriechischen, das für die griechische Klassik (Platon, Aristoteles usw.) bestimmend wurde, ist das -ε- (*-e-) mit der Endung -α zu -η (offenes e, klingt wie der Umlaut ä) verschmolzen, so dass der Nominativ Plural χάη (chae) lautet.
Vielleicht ist Scholtens falsche Form Chäa durch einen simplen Tippfehler entstanden: Er wollte statt Chae lieber Chaä schreiben, damit der Leser nicht Chae fälschlich wie chä ausspricht, und dabei hat er unwillkürlich a und ä vertauscht.
Allerdings wird das griechische -η- im Deutschen üblicherweise als e wiedergegeben, ä ist eher unüblich, obwohl das dem klassischen Lautwert besser entspricht, da wir eher dazu neigen, das e geschlossen -- und lang, wie z.B. in Seele -- zu sprechen. Meine Buchstabendreher-Hypothese funktioniert daher nur, wenn Scholten grundsätzlich gegen die Konvention verstößt, was ich nicht weiß.
Auf en.wiktionary.org/wiki/χάος werden zudem noch die Pluralformen χάοι (chaoi) und χάα (chaa) erwähnt. Die gehören aber nicht zum Substantiv χάος, sondern zu einem zufällig homophonen Adjektiv χάος (chaos), das selten ist und nur eine Nebenform von χάϊος (chaios) darstellt. Es bedeutetet so viel wie 'echt' oder 'wahr' und hat mit dem hier diskutierten Chaos nichts zu tun.
EDIT Ende
Übrigens bin ich mir nicht sicher, ob es im Altgriechischen wirklich einen Plural von χάος gegeben hat, mir persönlich ist jedenfalls noch nie einer untergekommen.
Daniel Scholten will den Leser wohl eher durch eine Ausreizung der denkbaren sprachlichen Möglichkeiten überraschen, unterhalten und zum Nachdenken über Sprache anregen. Denksport eben...