Die Frage hat zwei Ebenen:
1) Was ist ein angemessener Ausdruck dafür, wenn die zuständigen Institutionen (jede mit den ihr eigenen Kompetenzen) die von Artikel 7 vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen beginnen.
2) Wenn der EU-Kommissar für dieses - erkennbarerweise recht komplexe - System von Schritten auf Englisch kurz und einfach sagt to trigger Article 7, und dies - nehmen wir einmal an - auch auf English nicht wirklich korrekt (aber eben schön kurz) ist, sollte man dann die Worte des Kommissars möglichst originalgetreu übersetzen, oder sollte man korrigierend eingreifen und auf Deutsch einen präziseren Ausdruck wählen als der Kommmisar auf Englisch?
Ich würde in diesem Fall dazu tendieren, eher dicht am englischen Originaltext zu bleiben, einfach mit der (faulen?) Begründung, dass der Kommissar das nun mal so gesagt hat. Also: Ja, "Artikel 7 auslösen" geht.
Anders steht es, wenn ich selbst mich zur Ingangsetzung der Prozedur nach Artikel 7 äußern sollte. Vielleicht würde ich in der Tat von
die Prozedur nach Artikel 7 in Gang setzen
sprechen. (Bis ich des umständlichen Ausdrucks müde bin und dann doch auf
Artikel 7 auslösen
einschwenke.)
PS: Ich kann natürlich folgenden Kompromiss machen: Ich kann schreiben
Der Kommissar sagte, die EU-Kommission sei kurz davor "Artikel 7 auszulösen".
Mit den Gänsefüßchen zeige ich an, dass der Kommissar das zwar so gesagt hat, dass ich mich von der Formulierung aber distanziere z.B. weil ich weiß, dass sie verwaltungstechnisch unpräzise ist.
Aktueller Fall aus der Medienwirklichkeit 2017: Aus dem E-Mail, mit dem ein gewisser Rob Goldstone im Wahlkampf 2016 einem gewissen Donald Trump junior die Vermittlung nützlicher Kontakte nach Russland angeboten hat, wird derzeit sehr häufig zitiert mit
that “the Crown prosecutor of Russia" had met with Aras Agalarov and offered to provide some official documents that might be useful for the Trump campaign
wobei das Problem ist, dass es einen solchen Crown prosecutor of Russia nicht gibt. Nun kann man aber auch nicht einfach jenen obersten Staatsanwalt hineinschreiben, der vermutlich damit gemeint war (nämlich den Prosecutor-general of the Russian Federation), denn man weiß ja nicht, ob Rob Goldstone wirklich diesen meinte, und vor allem ginge ein buntes Stück aus dieser absurden Geschichte verloren. Also ist die Lösung, die Worte so zu nehmen, wie sie sind, und mit Gänsefüßchen zu signalisieren, dass daran aber etwas faul ist.