Als ich eine Antwort zu einer anderen Frage schrieb, habe ich dort behauptet, die Phrase »ein wenig« bestünde aus einem unbestimmten Artikel und einem Adjektiv. Ich bin mir aber bezüglich des Wortes »ein« nicht ganz sicher, ob das wirklich stimmt. (Im Gegenteil: Ich bezweifle es, weiß aber keine besser passende Wortart.)
Um das genauer zu analysieren, möchte ich folgende Beispiele betrachten:
- Deine Füße stinken ein wenig.
- Die Musik ist ein wenig zu laut.
- Ich habe noch ein wenig Milch.
- Mich friert ein wenig.
Das Wort »ein« kann laut Wiktionary zu einer dieser Wortarten gehören:
(unbestimmter) Artikel
Beispiele:
Ein Junge singt auf der Straße. (männlich, Nominativ)
Am Ufer steht ein Haus. (sächlich, Nominativ)
Die Wahl fällt auf ein Mädchen. (sächlich, Akkusativ)In canoo.net steht aber über Artikel:
Der Artikel tritt immer zusammen mit einem Nomen auf.
Wikipedia weiß etwas ähnliches:
Ein Artikel [...] ist ein grammatisches Wort, das regelmäßig ein Substantiv (einschließlich Substantivierungen) begleitet.
In den Beispielsätzen 1 bis 4 bezieht sich das Wort »ein« aber in keinem einzigen Fall auf ein Nomen, Substantiv oder eine Substantivierung. Daher glaube ich nicht, dass »ein« in diesen Fällen ein Artikel ist.
Numeral(e) (Zahlwort)
Beispiele:
Jeder bekommt nur ein Stück. (der Zahlwert 1)
Ein Glas ist zerbrochen, alle anderen sind heil geblieben. (ein ausgewähltes Exemplar aus einer größeren Gruppe)Numerale haben gemeinsam, dass man sie durch andere Numerale ersetzen kann (wobei sich natürlich die Anzahl ändert, was eine Anpassung des Numerus erfordern kann, aber in jedem Fall entsteht dann ein halbwegs sinnvoller anderer Satz):
Jeder bekommt zwei Stück; zwei Gläser sind zerbrochen.
Aber »Deine Füße stinken zwei wenig; die Musik ist zwei wenig zu laut« usw. ist Unsinn.
Das Wort »ein« in »ein wenig« ist also ganz sicher kein Zahlwort.
Indefinitpronomen
Beispiele:
Bis auf eine sind alle Schülerinnen da.
Was für eines hätten Sie denn gern?
Davon wird einem ja schlecht!
Hier hilft einer dem anderen.Auffallend an der Beugungstabelle des Indefinitpronomens »ein« ist, dass das Grundwort (das ungebeugte, drei Buchstaben lange Wort »ein«) selbst gar nicht auftaucht. Nur »einer, eine, eines, einem, eine« und »eins« (als Variante von »eines« im sächlichen Akkusativ) kommen vor.
Schon allein aus diesem Grund kann »ein« in »ein wenig« kein Indefinitpronomen sein.
Adverb
Beispiele:
Eduard tritt ins Zimmer ein.
Er geht hier ein und aus.
Werner wusste weder ein noch aus.Laut Wiktionary kommt »ein« als Adverb nur in festen Wendungen (ein und aus gehen, weder ein noch aus wissen) und als Teil von trennbaren Verben (eintreten, einbringen, ...) vor. (Der Duden wählt für letzteres anstelle von Adverb die - wie ich meine passendere - Bezeichnung Präfix.)
Eine Verbindung mit einem Verb liegt im Fall von »ein wenig« nicht vor (weder als Wendung, noch als Teil des Verbs), daher scheint mir auch diese Wortart nicht die richtige zu sein.
Adjektiv
Umgangssprachliches Synonym für eingeschaltet.
Beispiel:Das Licht ist nicht aus, sondern ein.
Der Schalter war doch gerade noch ein, jetzt ist er aus.In »ein wenig« fehlt jeder Zusammenhang mit eingeschaltet sein, daher ist auch diese Wortart auszuschließen.
Zusammenfassend komme ich also zu dem Schluss, dass das Wort »ein« in »ein wenig« zu keiner der oben genannten Wortarten gehören kann. Aber zu irgend einer Wortart muss es doch gehören. Zu welcher?