Ich denke, die Frage muß man "vom Schwanz her aufzäumen" - Nachdem Artikel generell kein genuin notwendiges Konzept sind und Sprachen wie Latein oder viele slawische Sprachen z.B. ganz gut ohne auskommen, gab es sicher in der historischen Sprachentwicklung einen Grund, warum fast alle Indogermanische Sprachen trotzdem welche haben. Die Frage ist nun: "Warum war dieser Grund speziell für Namen in der Hochsprache anscheinend nicht gut genug, in Dialekten aber schon?"
Gute Gründe für die Entwicklung von Artikeln könnten folgende gewesen sein:
- Die Möglichkeit, definit von indefinit zu unterscheiden. Meint man irgendein, oder ein spezifisches Ding.
- Da Artikel flektiert werden, transportieren sie eine Vorbereitung auf den Fall des Substantives, das ihnen folgt, also eigentlich redundante Information, die aber dem Hörenden das Verstehen einfacher macht. (Dieser Punkt ist m. A. nach ein sehr wichtiger, gilt aber nur für die deutsche Sprache, das Englische z.B. flektiert keine Artikel)
(1) Scheint kein guter Grund für die Anwendung von Artikeln bei Namen zu sein - Namen sind per se in den meisten Fällen definit - In den wenigen Ausnahmen, wo sie's nicht sind, ist eine Umschreibung wie "irgendso'n Peter" oder "some John" sicher angebrachter.
(2) Ist ein sehr guter Grund, an sich ist die Vorankündigung von Kasus und Numerus bei Namen genauso nützlich für die Verständlichkeit wie bei "normalen Substantiven". Da Namen außer im Genitiv normalerweise nicht flektiert werden, wären Artikel eigentlich umso nützlicher. An sich muß man sich fragen, warum die Hochsprache hier die Artikel nicht für nützlich genug "gehalten hat", um sie anzuwenden - Das wäre aber eine andere Frage.
Nun haben Dialekte normalerweise ein schwächeres Kasussystem wie die Hochsprache (viele kennen keinen z.B. Genitiv, usw.), was darauf schließen läßt, dass sich die "einfachere Sprache" nicht mit sowas kompliziertem wie Fällen herumschlagen will. Ein bißchen Hilfe von Artikeln war hier sicher willkommen. Ich glaube, Dialekte gehen ein bißchen pragmatischer mit der Sprache um und verwenden einfach, was nützlich ist.
Ein weiterer Widerspruch bei der Nicht-Verwendung von Artikeln bei Eigennamen ist auch, dass der Null-Artikel bei "normalen" Substantiven an sich schon mit einer anderen Bedeutung belegt ist, die z.B. Unzählbarkeit "Ich kaufe Bücher" oder Generizität "Herr Schmitz ist Arzt" transportiert (Was bei Namen irgendwie unpassend erscheint).
Man stelle sich einfache Konstrukte vor, die in Dialekten durchaus üblich sind, wie
Die ist dem Peter [seine Frau, seine Tochter]
Solche Konstrukte sind ohne Artikel extrem schwer vorstellbar bzw. wären fast unverständlich.
Im "deutschen Vokativ" (den es nicht wirklich gibt) würde ein Artikel nichts Hilfreiches beitragen. Im Allgemeinen weiß der Hörer hier wohl schon, dass er gemeint ist - Warum sollte man einen Artikel hinzufügen.
Bei der Vorstellung dient der Artikel in "Das ist der Peter" als Verstärkung des Demonstrativpronomens, bei "ich treffe mich mit der Susi" zum Transportieren der Definiteigenschaft (genau die Susi).
Zusammengefasst: Artikel vereinfachen die Verständlichkeit, indem sie den Hörer auf das, was kommt, vorbereiten . Es gibt wenig gute Gründe, ausgerechnet bei Namen, die eben nicht flektiert werden, darauf zu verzichten. Dialekte sind hier wahrscheinlich einfach ein bißchen pragmatischer als die Hochsprache.