Zuerst ein bisschen Physik:
(Was ist »spritzende Margarine«?)
Margarine ist gehärtetes Fett, das aus Pflanzenölen mit Hilfe verschiedener Chemikalien (Hexan, Phosphorsäure, Natronlauge) hergestellt wird. Das fertige Produkt enthält bis zu 20% Wasser, was für das Hauptanwendungsgebiet als Brotaufstrich überhaupt kein Problem darstellt.
Wird Margarine mit einem hohen Wassergehalt aber erhitzt, so schmilzt natürlich zuerst das Fett, und es entsteht dabei eine flüssige Emulsion aus Öl und Wasser, die sich langsam in die Bestandteile auftrennt. Das schwerere Wasser sinkt zu Boden, und das leichtere Öl bedeckt das Wasser. Steigt die Temperatur dann über den Siedepunkt des Wassers, beginnt es zu sieden. Da kein direkter Kontakt zur Luft besteht, kann aber kein heißer Dampf von der Wasseroberfläche entweichen. Vielmehr bilden sich im Wasser Dampfblasen, die sich dann explosionsartig ausweiten, und bei dieser Explosion dann sowohl heißes flüssiges Wasser als auch heißes Öl in Form kleiner Tröpfchen mitreißen.
Mit anderen Worten: Margarine spritzt wenn man sie erhitzt. Je mehr Wasser sie enthält, desto stärker spritzt es aus der heißen Pfanne heraus. Nur besonders wasserarme Margarine spritzt nicht, und nur solche Margarine ist daher geeignet, gefahrlos über 100°C erhitzt zu werden.
Aber jetzt: Deutsch
nicht spritzend vs. nichtspritzend
Ich zeige es an einem anderen Wort:
- Dieser Handschuh ist nicht leitend.
- Dieser Handschuh ist nichtleitend.
Der Unterschied ist äußerst subtil:
In 1 wird ausgesagt, dass der Handschuh eine bestimmte Eigenschaft (leitend sein) nicht besitzt. In 2 wird aber ausgesagt, dass der Handschuh eine bestimmte andere Eigenschaft (nichtleitend sein) hat, wobei diese zweite Eigenschaft das genaue Gegenteil der ersten ist. Im Endeffekt wird also in beiden Sätzen genau dieselbe Information transportiert, nur eben einmal durch Anwesenheit einer Eigenschaft, und das andere Mal durch Abwesenheit der gegenteiligen Eigenschaft.
Daher bedeuten »mit nicht spritzender Margarine« und »mit nichtspritzender Margarine« letztendlich genau dasselbe.
Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied zwischen nichtspritzend und nichtleitend: Das Wort »nichtspritzend« ist im deutschen Wortschatz nicht etabliert. Folgende mit nicht oder nichts beginnende Partizipien sind einigermaßen gängig:
- nichtssagend
- nichtsahnend
- nichtleitend
- nichtrostend
- nichtanwesend
- nichtexistierend
- nichtarbeitend
- nichtfliegend
- nichtkodierend
- nichtkriegführend
Alle anderen nach demselben Muster gebauten Partizipien werden seltener als ca. einmal pro einer Milliarde gedruckter Wörter verwendet. Das bedeutet zwar nicht, dass ein Wort wie »nichtspritzend« falsch wäre, aber es bedeutet, dass es so gut wie niemand verwendet. Daher ist zu empfehlen, es ebenfalls lieber nicht zu verwenden. Aber wie schon angedeutet: Wirklich falsch ist dieses Wort nicht.
spritzende vs. spritzender
Vergleiche:
- Der Speck wird mit zerlassener heißer Butter (nicht spritzende Margarine geht ebenso) angebraten.
- Der Speck wird mit zerlassener heißer Butter (oder nicht spritzender Margarine) angebraten.
In 1 steht in den Klammern ein vollständiger deutscher Hauptsatz:
Nicht spritzende Margarine geht ebenso.
Die ersten drei Wörter bilden gemeinsam eine Nominalgruppe, und diese Gruppe ist das Subjekt des Satzes. Und weil jedes Subjekt immer im Nominativ steht, muss auch diese Nominalgruppe im Nominativ stehen, daher muss auch das attributiv verwendete Partizip im Nominativ stehen.
In 2 stehen in der Klammer ein Listenverbinder (»oder«) und das letzte Element einer Liste, die insgesamt zwei Elemente enthält. Alle Elemente einer Liste werden gleich gebeugt, daher muss die Nominalgruppe »nicht spritzender Margarine« genau denselben Fall haben wie das erste Element (»zerlassener heißer Butter«), und das ist der Dativ, weil die Präposition mit den Dativ verlangt.
nicht spritzender Margarine
heißen, womöglich garnichtspritzender Margarine
?