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Laut Komposition: Fugenelement en stehe die Fuge "en" nach einigen Nomen, die den Genitiv mit [e]s und Plural mit e bilden:

  • Greisenalter
  • Storchennest
  • straußenähnlich

Das o.g. Wort einigen schließt eine praktische Anwendung aus; die zitierte Regel ist nicht zufriedenstellend. Lässt sich die obige Gesetzmäßigkeit also für den praktischen Gebrauch weiter verfeinern? Wenn ja, wie?

Ich möchte also weitere Regeln bzw. Gesetzmäßigkeiten sehen, die die obige Klasse der Nomenkomposita der Form

Nomen1 [+ evtl. Fuge] + Nomen2, so dass Nomen1 den Genitiv mit [e]s und den Plural mit e bildet,

in drei Unterklassen aufteilen:

  1. die Wörter der o.g. Klasse mit Fugen-[e]n, die einer Gesetzmäßigkeit folgen,

  2. die Wörter der o.g. Klasse ohne Fugen-[e]n (also ganz ohne Fuge oder mit einer anderen Fuge), die einer Gesetzmäßigkeit folgen,

  3. die restlichen Wörter der o.g. Klasse, bei denen sich keine festen Regeln formulieren lassen.

Dabei sollen die Klassen 1 und 2 möglich groß sein und zugleich einfach anwendbare Gesetzmäßigkeiten aufweisen.

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Vermutlich ist diese Antwort rein auf die deutsche Gegenwartssprache bezogen nicht ganz zufriedenstellend und beim Erlernen der deutschen Sprache auch nicht immer hilfreich, aber was die von Dir genannten Fälle (und andere) betrifft, so kann man folgende Regel aufstellen:

Substantive, die ursprünglich zur schwachen Deklination gehörten, haben als Fugenelement -en. Schwache Deklination heißt, dass sie in mittelhochdeutscher (mhd.) und zum teil frühneuhochdeutscher (fnhd.) Zeit ihren Genitiv Singular und ihren Nominativ Plural (eigentlich alle Fälle außen Nom. Sg.) auf -en bildeten. Zum Beispiel:

  • nhd. Greis = mhd. grîse Gen. Sg.: des grîsen Nom. Pl. die grîsen
  • nhd. Storch = mhd. storche (neben storck) Gen. Sg.: des storchen Nom. Pl. die storchen
  • nhd. Strauß = mhd. strûze/strouze (neben struz) Gen. Sg.: des strûzen Nom. Pl. die strûzen

Weitere Beispiele wären:

  • nhd. Hahn (bspw. in Hahnenschrei) = mhd. hane Gen. Sg.: des hanen Nom. Pl.: die hanen
  • nhd. Schwan (bspw. in Schwanenhals) = mhd. swane (neben swan) Gen. Sg.: des swanen Nom. Pl.: die swanen

Um die Regel zu wiederholen: Gehört das Wort ursprünglich zur schwachen Deklination, d.h. der Nom. Sg. ging im Mittelhochdeutschen auf -e, der Gen. Sg. auf -en und der Nom. Pl. auf -en, dann ist das Fugenelement -en- zu setzen.

Rein auf die deutsche Gegenwartssprache bezogen lässt sich hier, soweit ich die Literatur dazu überschaue, keine Regel aufstellen.

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  • Deine Regel sagt leider nichts darüber aus, welcher Fugenlaut bei Wörtern zu verwenden ist, die mhd. nicht schwach dekliniert wurden, oder die gar keine Nomen sind (nötigenfalls). Und wie ist zu erklären, dass es Eigennamen gibt, bei denen kein »en« die Fuge bildet (Greisberger, Hahndorf, Hahnwald, Schwangau, Schwanthaler) Und was ist mit dem Hahnrei? Und wie kann es sein, dass es sowohl eine Modeschau als auch eine Modenschau gibt? Apr 6, 2019 at 15:27
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    @Hubert: Vielen Dank für Deinen Kommentar! In der Tat bezieht sich meine Antwort nur auf Substantive, um die es, so dachte ich zumindest, in der Frage geht. Was nötigenfalls betrifft, so handelt es sich hierbei nicht um ein Kompositum, wie bei den hier gefragten Fällen, sondern um eine sogenannte Zusammenrückung, bei der aus der Mehrworteinheit mit dem (flektierten) Adjektiv nötigen und dem (erstarrten) Genitiv von Fall, also Falls. Ähnliche Konstruktionen finden sich bspw. in andernfalls, jedenfalls oder schlimmstenfalls.
    – Bernhard
    Apr 6, 2019 at 17:30
  • @ Hubert: Und zu Hahnrei: Die Herkunft dieses Wortes, vor allem des zweiten Elements, ist dunkel und sprengt den Rahmen dieser Kommentare hier. Hierbei handelt es sich aber jedenfalls um kein ursprünglich hochdeutsches, sondern um ein niederdeutsches Wort (hanerei), das wohl vor allem durch Luther in den hochdeutschen Sprachraum gekommen ist. Hier sind hinsichtlich der Bildung also noch andere Aspekte zu berücksichtigen.
    – Bernhard
    Apr 6, 2019 at 17:31
  • @Hubert: Schließlich zu den Ortsnamen: Ja, bei den von Dir genannten (und zahlreichen anderen) Ortsnamen scheint das Fugenelement zu fehlen. Die Bildung von Eigennamen geht im Gegensatz vom "allgemeinen" Wortschatz allerdings häufig eigene Wege. Aber was Ortsnamen angeht, kenne ich mich nicht besonders gut aus.
    – Bernhard
    Apr 6, 2019 at 17:32
  • @Hubert: Zu Mode(n)schau: Ja, hier findet man beides, obwohl die Form Modenschau wohl die gängigere ist. Bei Mode handelt es sich um ein Wort, das erst im Laufe des 17. Jhs. in den deutschen Wortschatz aufgenommen wurde. Hier greift die Regel nicht (mehr), da sich das System der deutschen Substantivflexion zu dieser Zeit bereits weiterverändert hat und Mode nicht mehr sinnvoll in ein "schwaches" Flexionsparadigma integriert werden konnte.
    – Bernhard
    Apr 6, 2019 at 17:36
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Tja, das ist einerseits das 'Defizit' aller Grammatiken, dass sie niemals alle Elemente nennen, die es gibt, geben kann oder geben könnte - du merkst schon. Dass du mit dem, was unter Link steht, unzufrieden bist, leuchtet mir ein. Eisenberg schreibt in Das Wort. Grundriss ... (2013) hierzu u.a.: "Man kann nicht hoffen, die Vielfalt der Erscheinungen auch nur halbwegs vollständig zu erfassen." (226). Um dann Ausführungen über Fugen zu machen, die bis S. 231 gehen. :-) Lies ihn und entscheide selber, inwieweit das deinen Erwartungen entspricht.

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  • Deine Art zu zitieren irritiert. Ich dachte erst, Eisenberg sei ein Beispiel, dazu noch ein falsches.
    – vectory
    Mar 23, 2019 at 15:36

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