Soweit ich weiß, man kann sagen „Das arme Gretchen“ oder „Die arme Gretchen“1 (im Singular, nicht im Plural). Welcher Artikel ist gewöhnlicher?
- The Philosophy of Grammar, von Otto Jespersen, 1924, p. 240.
Soweit ich weiß, man kann sagen „Das arme Gretchen“ oder „Die arme Gretchen“1 (im Singular, nicht im Plural). Welcher Artikel ist gewöhnlicher?
Note, that Gretchen must be considered as a diminuitive from Grete or Gretel. (The name-based diminuitive is only in wider use for some well-established names, I would guess from the Grimm tales era, like Hänschen, Karlchen, Lieschen; I'm not aware of recent new formings according to that pattern).
Diminuitives are always neuter in German, and I can't recognize a difference in use between the name-based diminuitive and an ordinal one as Mädchen. So I would consider die Gretchen as wrong. But: In the next sentence the pronoun sie is far more likely than the grammatically correct es.
Für das Standarddeutsche würde ich davon ausgehen, daß nur der neutrale Artikel, also das arme Gretchen, akzeptabel ist. Bei anaphorischen Pronomen sieht es anders aus; Fälle wie der folgende sind im Standarddeutschen absolut üblich.
»Es war ein sehr hübsches Mädchen, was selbst unsere Offiziere […] auch immer fanden […] und wenn sie nicht so vorstehende große Augen gehabt hätte… ach, die hätten Sie sehen sollen, Johanna, wenigstens so groß« (und Effi zog unter Lachen an ihrem rechten Augenlid), »so wäre sie geradezu eine Schönheit gewesen.« (Fontane, Effi Briest)
In Dialekten mag es anders aussehen. Wir hatten erst vor kurzem eine Antwort, in der darauf hingewiesen wurde, daß regional Frauennamen mit neutralem Artikel stehen (dat Anna und s Eva). Jespersens Quelle ist Tobler; dort wird auch noch der Fall erwähnt, daß in manchen Dialekten diminuierte männliche Namen das maskuline Genus behalten (der Kasperle).
Mädchen und Gretchen unterscheiden sich potentiell dadurch, daß ersteres ein Appellativum und letzteres ein Personenname ist. Wobei Grete teilweise appellativen Charakter angenommen hat, wie z.B. auch engl. john.