Es dürfte relativ einfach sein, den Begriff zu der für das Urindogermanische rekonstruierten Wurzel *peh3- mit der verbalerweiterung *píph₃eti "trinken" zu stellen, die in allen an den deutschen Sprachraum angrenzenden Sprachen reflektiert wird. IE *p wird nach der Ersten Großen Lautverschiebung bekanntlich zu *f, so dass es sich bei fetzen um eine Germanische Form handeln dürfte.
Die Phrase fetzen haben kann als missverstandene Nominalisierung aus der Verbform verstanden werden, da der irreguläre Ersatzinfinitiv "? Er hat fetzen" (=er hat gesoffen) ununterscheidbar ist von Er hat Fetzen (=Er hat Lumpen).
Dieser Ansatz wirft einige Fragen auf, die hier nicht abschließend geklärt werden.
Das Missverständnis ist vermutlich nicht aus gerader Linie entstanden, eben nicht dort, wo beide Formen, also das Wort sowie der Ersatzinfinitv geläufig gewesen sein mögen. Fraglich wäre zudem, ob keine verwanten Wortformen mit ähnlicher Bedeutung bezeugt sind.
Wie es zu einem Missverständnis kommen konnte, hängt mithin davon ab, worauf die neue Interpretation fußte. Das könnte nur aus einem weit angelegten Vergleich erschlossen werden, wenn nicht klar ist, wo und wann der Ursprung zu verorten ist. Ansatzweise bietet sich zum Vergleich einerseits "eine Fahne haben" 1, andererseits "das fetzt" (das macht Spaß, da geht die Post ab), Fr. "fête" (Fest, Feier). Verharmlosende Wörter für Trunkenheit finden sich zur Genüge; Ich möchte "betüdelt" daraus hervorheben und En "tatters" (Lumpen, Fummel), "tassel" (Quaste), De "Zottel", "zotteln", "Tattergreiß", "zittern", "zerren" und etliches mehr vergleichen. Doch nachdem die rein zufälligen Ähnlichkeiten aussortiert werden (etwa "Zettel" vs "Fetzen", oder "petzen" vs En "tatter"; Beide mit Herleitung aus Latein [klassisches oder Mittelalter?]), bleibt nicht mehr viel.
Zum Ersatzinfinitiv bleibt anzumerken, dass Grimms Wörterbuch im Eintrag "stehen" recht deutlich hervorhebt, dass gerade das Perfekt-Partizip, das bei "fetzen haben" eben fehlt, die Wendung mit "haben" einst begünstigt hatte, also Norddeutsch "habe gestanden" vs Süddeutsch "war gestanden" u.ä.m.. Wie das in Relation zu partiziplosen Wendungen steht, eben "fetzen haben", habe ich bisher nicht erkennen können.
Der Fetzen, der in Burschenschaften gerissen wird, gesellt sich sicher zu "das Trinken, das Getränk" wie "Bier" zu Ita. "bere" (trinken).
Andere Worte für das Saufen--"trinken" ist eine scheinbar germanische Innovation, m.M.n. vergleichbar zu "Tränke" und Fr. "trench"--finden sich vielzälig. Darunter wäre zumindest Plattdeutsch(?) "picheln" wegen des Anlauts hervorzuheben, der aber doch nicht germanisch erscheint. En "booze", "buzzed" (Saufen; ein Ding zu sitzen haben, blau sein) vielen mir im Vergleich besonders auf, da "buzz" sonst als "Summen, Surren" gedeutet wird, lautlich aber in dieser Wendung zumindest auch zu den Trink-Worten gestellt werden könnte.
1: "Fahne haben": aus dem Mund nach Alkohol riechen, üblicher Weise wohl verstanden als den Atem, der wie eine Fahne hinter sich herzieht, wie ein Signal vor sich hergetragen wird; Interpretation meine. Vgl. auch Lat fanum "Tempel" und Wörter für "Brennen" (IE \dhegh-), s. Brand haben (Wassermangel nach übermäßigem Alkoholkonsum, der schnellst gelöscht werden muss und oft mit einem Kater (Rausch-bedingter Kopfschmerz) einher geht.