(Wenn es nur um die stilistische Beurteilung geht, dannn gleich ans Ende springen.)
Es geht um die Trennbarkeit von Verben. Man unterscheidet
Präfixverben = nicht trennbar, und
Partikelverben = trennbar.
Die Präfixe der Präfixverben sind eine überschaubare Menge an 'Vorsilben', die in allen Formen mit dem Verbstamm verbunden bleiben. Es handelt sich um die Silben:
- be- : bekommen, bezahlen
- ent-: entstehen, entkommen
- emp-: empfehlen, empfangen (als Variante von 'ent' vor 'f')
- er-: erwarten, erzählen
- ge-: gehören, gefallen
- ver-: sich verlaufen, verspielen
- zer-: zerbrechen, zerreißen
- miss-: missdeuten, misslingen, missraten
und das veraltete
- ob-: jm obliegen (= die Verpflichtung haben zu), obsiegen (als Sieger hervorgehen)
Hinzu kommen einige Präpositionen bzw. Adverbien, die ebenfalls fest mit dem Verstamm verbunden benutzt werden können:
- durch-: etw durchdenken, ein Land durchfahren
- hinter-: einen Brief an der Hotelrezeption hinterlegen, Steuern hinterziehen, jemanden hintergehen (= täuschen, betrügen)
- über-: übertreiben, jm Geld überweisen
- um-: ein Wort umschreiben (= seine ungefähre Bedeutung mit anderen Worten wiedergeben), sich mit zweifelhaften Leuten umgeben, ein Problem umgehen
- unter-: unterschreiben, Geld unterschlagen
- voll-: vollenden (= zum Abschluss bringen), eine (rechtliche) Handlung vollziehen
- wider: jemandem widersprechen, sich widersetzen
- wieder-: etwas wiederholen
Zu dieser zweiten Gruppe von Präfixen existieren - bis auf die Betonung - homonyme Partikeln, die trennbar sind.
Alle Präfixe sind regulär immer fest mit dem Verbstamm verbunden, von halb-scherzhaftem Gebrauch abgesehen wie in
Bitte verstehe mich jetzt nicht miss.
Bei den Partikelverben ist dem Verbstamm im Infinitiv eine Partikel vorangestellt, die sich in bestimmten syntaktischen Kontexten vom Verb ablöst und z.B. im Verbzweitsatz den zweiten Teil der Satzklammer bildet:
Moment, ich schreibe mir eben die Telefonnummer auf.
Als Partikeln treten Präpositionen (anhaben = ein Kleidungsstück tragen), Adverbien (sein Geld zurückhaben wollen), Adjektive (am Nachmittag freihaben) und Nomina (an etw teilhaben) auf. Die Liste möglicher Partikeln ist nicht abgeschlossen, zum Beispiel gibt es im Bereich der fremdsprachigen Partikeln Neuzugänge wie 'downloaden' mit vorerst unklarem Status (downgeloadet oder gedownloadet). Es werden ständig neue Kombinationen von Verben aus Partikel+Verb geschaffen, auch situationell (Er hat versucht, mich anzuschleimen = Neukombination aus schleimen = Sympathie heucheln + an- wie bei sich anbiedern, jn anbaggern). Die Möglichkeiten sind da unerschöpflich.
Bei Kombinationen von Verbpräfix + Verbpartikel scheint die Situation uneinheitlich. Es gibt sie als
Partikel + Präfix: jn/etw einbeziehen, jn umerziehen
und (scheinbar) als
Partikel + Partikel: sich voranmelden, ein Stück uraufführen
und (scheinbar) auch als
Präfix + Partikel: Geld vereinnahmen (bürokratendeutsch für 'einnehmen', 'kassieren'), etw beabsichtigen (vorhaben), jn bevormunden, etw beanstanden
ja (scheinbar) sogar als
Präfix + Präfix: jn missverstehen, jn verbeamten (ihm den Beamtenstatus zuerkennen)
Ohne dem hier weiter nachgehen zu wollen, sei dahingestellt, ob die scheinbaren Kombinationen sich nicht besser als Konversionen (Überführungen) von Wörtern aus anderen Wortarten in Verben erklären lassen als durch doppelte "Be-Vorsilbung" eines Verbstamms:
- uraufführen < Uraufführung
- vereinnahmen < Einnahme
- beabsichtigen < Absicht
und so weiter.
Die übergroße Mehrzahl der Doppel-Vorsilben-Verben sind nach dem Muster Partikel+Präfix+Verbstamm gebildet, und so verhält es sich auch bei 'jm etw auferlegen'.
Hinsichtlich der Trennbarkeit verhält sich die letztgenannte Gruppe großenteils wie einfache trennbare Partikelverben:
Infinitiv: Du kannst die Jacke anbehalten.
Präsens / Präteritum: Ich behalte / behielt die Jacke an.
Imperativ: Behalte die Jacke ruhig an.
Auch der Infinitiv mit zu gliedert das -zu- wie bei einem Partikelverb hinter der Partikel ein:
Infinitiv + zu: Man forderte mich auf, die Jacke anzubehalten.
Das Partizip Perfekt wird jedoch anders als bei einfachen Partikelverben ohne '-ge-' gebildet:
Ich habe / hatte die Jacke anbehalten.
Hier ist die Partizip-Bildungsregel des Präfixverbs (Inf. behalten > Partizip 2 behalten) stärker als die Partizip-Bildungsregel eines Partikelverbs (anhalten > Partizip 2 angehalten: Der Polizist hatte mich angehalten).
Übertragen auf 'auferlegen' ergibt das:
Inifnitv: Man wollte ihr weitere Pflichten auferlegen.
Präsens: Man erlegte ihr kaum erfüllbare Pflichten auf.
Imperativ: Erlege ihr das ruhig als zusätzliche Pflicht auf.
Perf./Plqpf.: Man hat/hatte ihr zu viele Pflichten auferlegt.
Passiv: Ihr wurden/waren zu viele Pflichten auferlegt.
Infinitiv + zu: Ihr weitere Pflichten aufzuerlegen erschien ihm statthaft.
Bei einigen der nach diesem Muster gebildeten Verben wird manchmal das Verb wie 'doppelt untrennbar' behandelt. Dies mag dadurch begünstigt sein, dass weitere Verben eine ähnliche Struktur bei allerdings anderen Betonungsverhältnissen zeigen:
Ableitung von Nomen: Er verfrühstückt das geerbte Vermögen.
'Doppel-Präfix': Wir verbeamten alle zügig, denn wir brauchen weitere Richter.
Zu den gelegentlich untrennbar auftretenden Verben gehören anerkennen, aberkennen, zuerkennen, anberaumen, anempfehlen, anvertrauen, einverleiben, unterordnen, vorenthalten und, wie ich lese, auch auferlegen - mir selbst ist diese stilistische Variante nicht geläufig, auch bei den anderen Verben nicht. Die weitaus überwiegende Zahl dieser Art von Verben tritt regelhaft trennbar auf.
Meine persönliche Einschätzung ist: Die untrennbaren Varianten werden entweder als stilistisch intendiert (so von mir, ich halte sie für mehr oder weniger snobistisch, unkonventionell bzw. effekthascherisch) oder falsch (bei Unkenntnis) oder unter 'Regionalismusverdacht' (in der Schweiz gibt es auf diesem Gebiet einige Merkwürdigkeiten) oder Ähnlichem verbucht, oder sie sind einem veralteten Sprachstand zuzuordnen. Auch haben sie für mich etwas von 'Bürokratendeutsch', weil solche Verb-Ungetüme mit mehreren zumal abstrakten Vorsilben sich oft in juristischen oder administrativen Texten finden.
Das Buchzitat halte ich für sprachlich verquer und nicht gut verständlich: Weder kann man mit solchen Eigenwilligkeiten wie man auferlegte dem Mädchen "eine Passage hervor[zu]heben", noch passt "das ungetrennte Verb" mit "konjugieren" recht zusammen; gemeint ist wahrscheinlich "das Verb ungetrennt benutzen". Richtig ist: Der Beispielssatz mit dem ungetrennten auferlegte fällt auf, manchen wird dieser Satz stören.