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Was ist eine passende Übersetzung für die Redewendung "going down the rabbit hole"?

Im Sinne von: man informiert sich über Thema X, stößt dann auf Wikipedia auf das zusammenhängende Thema Y, von da zum Thema Z und auf einmal ist es 2 Uhr nachts.

Edit:

Ich kann anscheinend keine Kommentare verfassen, daher hier nochmal eine Klarstellung:

@Pollitzer tut mir leid, wenn meine Frage inkonsistent sein sollte. Ich meinte es aber tatsächlich so wie @tofro - sich in etwas einarbeiten, dabei ständig neue Facetten aufzudecken und so immer tiefer in das Thema einzudringen. Ein konkretes Beispiel, woher auch meine Frage stammt:

Ich informiere mich über Domain-Registrierung, komme dann über Wikipedia auf die ICANN, dann irgendwie auf Webhosting, dedizierte Server, Root-Server, statisches Webhosting (gh pages, netlify, zeit), statische Websitegeneratoren (jekyll, gatsby), …

Eigentlich wollte ich nur etwas über Domains erfahren.

Edit 2:

Ich bin deutscher Muttersprachler. Kann gut sein, dass ich schon die englische Redewendung falsch verstanden habe. Sie ist relativ häufig auf Reddit zu finden. Zum Beispiel in diesem Post oder auch hier.

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  • 1
    Der Kontext ist ein bisschen dünn, vielleicht passt sich verzetteln?
    – guidot
    Aug 30, 2019 at 7:09
  • 5
    Die Bedeutung, die du für die originale englische Wendung verstanden hast, ist eine der möglichen. Wenn man sich verinnerlicht, dass die Wendung sich auf "Alice im Wunderland" bezieht, ist ein anderes Extrem, dass sie z.B. "Eintauchen in eine zauberhafte Wunderwelt" bedeutet.
    – tofro
    Aug 30, 2019 at 15:08
  • 2
    @ChristianGeiselmann "nicht mehr rauskommen" ist nicht Teil der Bedeutung. "verstricken" auch nicht unbedingt, "sich eingraben" schon eher
    – tofro
    Aug 30, 2019 at 16:46
  • 6
    So, ungefähr : xkcd.com/761 ? Aug 31, 2019 at 20:40
  • 2
    Als Anmerkung zum Edit bereits gepostet, aber da wird es leicht übersehen: Keine Danksagung in Kommentaren oder Beitrag, bitte. Werte gute Antworten auf, indem Du die Pfeile nach oben anklickst. Die beste kannst Du mit dem Haken auszeichnen. Sep 2, 2019 at 13:40

11 Answers 11

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Going down the rabbit hole in dem Sinn, wie es in der Frage vorgestellt wurde, nämlich als thematische Verzettelung, lässt sich im Deutschen ausdrücken als

vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen

Diese Wendung ist mindestens im südlichen Teil des deutschen Sprachraums bekannt. (Kommentatoren unten bestätigen aber das Vorkommen auch für andere Regionen.)

Natürlich könnte man, wie es ja gerade schon passiert ist, auch sagen:

sich verzetteln

Jedoch: Lesen wir going down the rabbit hole hier überhaupt richtig? Ich hatte diesen Ausdruck bisher immer etwas anders verstanden, nämlich entweder als

sich [in ein Thema] vertiefen

ins Detail gehen

sich hineinfuchsen

was eine Konzentration auf ein Thema meint, die positiv gesehen wird; oder aber - und dies durchaus am häufigsten - als etwas Negatives oder geradezu Gefährliches wie

sich verstricken

in eine Sache immer tiefer hineingeraten

aus einer Sache nicht mehr herauskommen

Vielleicht müsste man erst klären, was mit going down the rabbit hole wirklich - oder am typischsten - gemeint ist.

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  • 11
    "vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen" muss sehr regional sein, ich habe sie noch nie gehört oder gelesen. Aug 30, 2019 at 9:34
  • @VolkerLandgraf Denke ich auch, allerdings finde ich es sehr passend! :) Aug 30, 2019 at 12:47
  • 7
    Es gibt auch noch "vom Hundertsten ins Tausendste kommen", vielleicht wäre das bekannt. Ansonsten gäb's noch allgemeinere Redensarten wie 'ich kam da (wieder / wie immer) an kein Ende', war 'nicht mehr zu bremsen' oder 'ich konnte die Stoptaste nicht finden' oder 'dann hat's mich wieder geritten und'... Aug 30, 2019 at 13:54
  • "vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen" kam mir auch als erstes in den Sinn. Aug 30, 2019 at 19:42
  • 1
    vom Hölzchen aufs Stöckchen ist mittlerweile von Christian als im Süden, vonKami Kaze im Ruhrpott, und hiermit von mir für Norddeutschland belegt - so regional kann es demnach nicht sein. Allerdings halte ich es nicht für eine 100% gute Entsprechung zu going down the rabbit hole ... Sep 2, 2019 at 13:21
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Für das von dir beschriebene Abschweifen/Abkommen vom eigentlichen Thema gibt es die Redewendung

vom Hundertsten ins Tausendste kommen

7
  • 4
    Daran hatte ich auch schon gedacht, aber diese Redewendung kenne ich eigentlich nur im Zusammenhang mit (in erster Linie mündlichem) Erzählen. Also wenn derjenige, der etwas erzählt, dabei abschweift und insbesondere immer mehr in unwichtige Details abgleitet. Aug 30, 2019 at 8:33
  • 8
    "going down the rabbit hole" hat eigentlich nichts mit "abschweifen" zu tun, sondern eher mit dem genauen Gegenteil - also konzentriertes, intensives Einarbeiten in ein Thema.
    – tofro
    Aug 30, 2019 at 8:46
  • @VolkerLandgraf: Das dürfe auch nach meiner Einschätzung die häufigste Verwendung sein.
    – Pollitzer
    Aug 30, 2019 at 8:49
  • @tofro: Die Frage scheint inkonsistent gestellt zu sein, ich halte mich bei meiner Antwort an »Im Sinne von:«.
    – Pollitzer
    Aug 30, 2019 at 8:51
  • 3
    To "go down a rabbit hole" is to explore the depths of something that on the surface may appear simple. You may be surprised to discover the subject is a so-called "rabbit hole", deeper than expected. It doesn't mean to digress, to ramble, to dilute focus, to explore too many subjects, etc. It means the opposite: to hyper focus, to going maximally deep into one subject*, to not lose the thread, to steadfastly not depart from the original topic, to do a so-called "deep dive" on a subject. That's somewhat the opposite of "vom Hundertsten ins Tausendste kommen".
    – Mud
    Aug 30, 2019 at 19:52
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Given that the expression is from Alice in Wonderland, where Alice gets lost in this parallel reality, I would opt for sich in etwas verlieren:

Eigentlich wollte ich nur etwas über Domains erfahren, aber dann verlor ich mich irgendwo zwischen Webhosting und statischen Seitengeneratoren.

2
  • Finde ich auch sehr passend, danke!
    – sxz
    Sep 2, 2019 at 6:40
  • 1
    My pleasure. It's an interesting question; words or phrases which do not have an exact equivalent in the other language often show differences in culture (have you ever tried to translate Feierabend?). Another example which comes to mind, also literature-based, is Serendipity. Sep 2, 2019 at 8:06
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Um in der Tierwelt zu bleiben:

sich in etwas reinfuchsen

verwendet fast dasselbe Bild, nur mit Fuchs statt Kaninchen und ist auch ähnlich in der Umgangssprache verortet wie "going down the rabbit hole"

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  • 7
    Konnotation ist aber in meinen Augen nicht dieselbe: sich in etwas reinfuchsen = etwas lernen; going down the rabbit hole = bei etwas festhängen. Aug 30, 2019 at 16:35
  • 2
    @TemporaryName "sich in etwas reinfuchsen" ist mMn definitiv nicht "etwas lernen", sondern "sich extrem intensiv mit etwas auseinandersetzen, bis man es volllkommen durchdrungen hat" (und dabei wird man schonmal "festhängen" - auch wenn "an etwas festhängen" auch nicht die Bedeutung von "down a rabbit hole" hat)
    – tofro
    Aug 30, 2019 at 16:43
  • Schau dir die Bedeutung von "going down the rabbit hole" mal an: macmillandictionary.com/dictionary/british/…, auch wenn "sich in etwas reinfuchsen" nicht direkt lernen ist, hat es eine andere Bedeutung als "going down the rabbit hole". Aug 30, 2019 at 16:45
  • 3
    @TemporaryName Der Link ist eine mögliche (wahrscheinlich die ursprünglichste) Bedeutung. Ich glaube nicht die, auf die sich die Frage bezieht. Ich begegne der Wendung immer wieder, wenn sich jemand z.B. durch komplizierte Technik oder Dokumente "durchgegraben" hat.
    – tofro
    Aug 30, 2019 at 16:47
  • Stimmt. Hab die Edits nicht gelesen. Die Konnotation ist aber, mMn, eben nicht so positiv. Kommt soweit ich das weiß auch von Alice im Wunderland. Die lernt ja auch nicht, sondern verirrt sich eher. Aug 30, 2019 at 16:49
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Sich in etwas verrennen.

... war meine unmittelbare Assoziation.

3
  • Sehr schön, ja. Aug 31, 2019 at 14:21
  • "Sich in etwas verrennen" hat für mich aber eine sehr negative Konnotation, so in Richtung Querulant/Unbelehrbarer, also eher jemand, der beharrlich versucht, sich nur passende Information zu besorgen und nicht so sehr jemanden, der vom Thema abschweift.
    – ohno
    Sep 2, 2019 at 13:25
  • Passt für mein Verständnis allerdings zum sprichwörtlichen Rabbit Hole - damit ist meines Wissens nach auch kein einfaches Abschweifen gemeint, und die Konnotation ist oft (leicht) negativ, impliziert eine gewisse Zeitverschwendung. Sep 2, 2019 at 23:34
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Neben dem schon von @guidot im Kommentar vorgeschlagenen sich verzetteln käme da noch sich festlesen in Frage.
Ansonsten würde man das eher mit längeren Formulierungen wie beim Lesen tief eingetaucht und dabei die Zeit vergessen oder so ähnlich ausdrücken.

Edit:
Nach den Edits an der Fragestellung möchte ich noch hinzufügen, dass die Wahl der Formulierung tatsächlich davon abhängt, ob es sich darum handelt, dass man beim Lesen auf weiterführende Informationen gestoßen ist, die man zum Verständnis benötigt, also schlichtweg für die Recherche viel mehr Zeit als erwartet gebraucht hat (da passt dann das reinfuchsen oder ins Detail gehen aus den anderen Antworten), oder ob man auf Informationen gestoßen ist, die zwar interessant, aber nicht notwendig sind und damit Zeit verbraten hat (da sind dann eher die obigen Vorschläge passend).

3

Da in der englischen Sprache Redewendungen und Sprüche oft recht inflationär verwendet werden, würde ich mich in den meisten Fällen auf bereits erwähnte Begriffe wie eintauchen, vertiefen oder verlieren beschränken.

Nachdem die Geschichte "Alice im Wunderland" auch im deutschsprachigen Raum recht bekannt ist und durch den Film Matrix zusätzlich wieder in Erinnerung gerufen wurde, kann man in einzelnen Fällen einfach den übersetzten Begriff verwenden.

Nach dem Import meines neuen Autos musste ich mich in den bürokratischen Kaninchenbau von technischen Prüfungen und Zulassungen begeben.

1
  • 1
    Ich bin sehr sicher, diese Verwendung von Kaninchenbau schon häufiger im Deutschen gelesen zu haben. Sep 1, 2019 at 22:09
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Es hat mir den Ärmel rein gezogen/genommen.

Das ist aber eventuell auch etwas regional. Bildlich verstehe ich das so, dass eine Maschine den Ärmel erwischt und man ganz reingezogen wird.

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  • Interesting. Never heard that but it is a nice metaphor in the industrial age ;-). Sep 2, 2019 at 18:45
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I had no idea that this would be such a popular topic. Please see References from Linguee.com.

My favorite untranslatable German idiomatic expression is "quer durch den Garten"

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Mir begegnet das oft in Meetings wenn die Gruppe vom eigentlichen Thema abkommt.

Daher meine Antwort:

vom eigentlichen Thema abkommen

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Für mich ist "going down the rabbit hole" eine Situation, in der man selber nicht weiß, was auf einen zukommt. Ein Beispiel ist in einer Ehe, wo ein Partner fremdgeht und versteht nicht, warum das ein Problem ist. "He's gone down the rabbit hole" in eine Situation, wo er nicht versteht, welche Rolle er gespielt hat. Leider kenne ich kein passendes deutsches Sprichwort, da, wie oben erwähnt, diese Redewendung von Lewis Carrolls "Alice in Wonderland" stammt. Ich würde wetten, jeder Amerikaner/jede Amerikanerin kennt dieses Sprichwort, ohne umbedingt zu wissen, woher es kommt.

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