Die Begründung ist in der Tat nicht eben erhellend, im Ergebnis ist die Aussage aber letztlich plausibel. Zunächst einmal ist dessen zumindest nach dem Verständnis der deutschen Grammatik auch eine Art Determinativum (die IDS-Grammatik spricht allgemein von einem Ausdruck der Objektdeixis, andere von einem deiktischen Determinativ). Das "dessen-Unbehagen" lässt sich durch solche terminologisch immer etwas heiklen Abgrenzungen (Determinativ vs. Pronomen) jedenfalls nicht überzeugend erklären.
Beginnen wir mit einem weiteren Beispiel (aus Zifonun 2003: 18):
Die DRK-Kreisvorsitzende Diemut Theato dankte Alfred Nennstiel im
Beisein dessen Nachfolgers Thomas Lochner (...) (Rhein-Neckar-Zeitung,
15.01.2003)
Der Grund, warum das eventuell ungrammatisch ist, liegt in einer Eigenart des deutschen Genitivs. Aus der agrammatischen Natur von *der Einkauf Stahls und dergleichen folgert man allgemeiner:
- (Müller 2002:) G-PRÜF (Genitivüberprüfung): Morphologischer Genitiv auf N[omina] muss per Spezifikator-Kopf-Kongruenz abgeglichen werden.
- (Zifonun 2003:) Der Genitiv eines appellativischen Substantivs kann nur in einer Nominalgruppe mit kongruierendem Begleiter erscheinen.
- (Gallmann in Duden-Grammatik 2016:) Genitivregel: Eine Nominalphrase kann nur dann im Genitiv stehen, wenn sie (i) mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und (ii) mindestens ein Wort mit s- oder r-Endung enthält.
Beobachtung: Offenbar kongruiert dessen in Ihrem Beispiel
Nach dem Tod seines Vaters wurde er Leiter dessen Betriebes.
nicht mit Betrieb. Vergleiche
Nach dem Tod seines Vaters wurde er Leiter *deren Werkstatt.
(Hingegen: Nach dem Tod seines Vaters wurde er Leiter eines/seines Betriebes. vs. Nach dem Tod seines Vaters wurde er Leiter einer/seiner Werkstatt.)
Der Genitiv Betriebes steht mithin -- in Ermangelung eines kongruierenden Begleiters -- im Sinne der angeführten Regeln unbegleitet, sodass der Fall -- durch die Brille der oben genannten Regeln betrachtet -- im Grunde ebenso liegt wie in *Er wurde Leiter Betriebes. Dieses Konstruktionsproblem fällt in Ihrem Beispiel und dem der Rhein-Neckar-Zeitung wohl deshalb nicht sofort auf, weil Vater und Betrieb bzw. Alfred Nennstiel und Nachfolger jeweils beide Maskulina sind, sodass man geneigt sein mag, dessen gedanklich quasi in einer Doppelrolle zu interpretieren.
Der präsentierte Fall ist freilich ein Spezialfall. Die Konstellation fällt möglicherweise auch durch das Raster anderer Varianten der "Genitivregel", wie man sie in geeigneter Form vereinzelt durchaus auch in Schul- und Fremdsprachengrammatiken findet. Umgekehrt mag man einwenden, dass manchen Grammatikern diverse Varianten der "Genitivregel" zu restriktiv sind (vgl. Wiese 2017: 1315). Ich denke aber persönlich nicht, dass jemand Ihre Konstruktion bei näherer Betrachtung tatsächlich für grammatisch hielte. (Wohlgemerkt: Bei näherer Betrachtung. Die erste Intuition steht auf einem anderen Blatt. Auf mich wirkte Ihr Beispiel bei der ersten Lektüre zum Beispiel zwar unrund, aber keineswegs eindeutig falsch.) Soweit diese irgendwelche anderen "Genitivtests" passiert, ist das mutmaßlich eher einer terminologischen Vereinfachung in der Formulierung der Tests geschuldet (es ist schon ungewöhnlich, dass man in der genitivischen Nominalphrase einen flektierten "Begleiter" hat, der nicht mit dem Kopfnomen kongruiert ...). Wenn man näher schaut, sieht man aber m.E. ganz gut, dass hier "getrickst" wird, also eine Konstruktion zum Einsatz kommt, deren scheinbare Grammatikalität durch geeignete Austauschübungen sofort in sich zusammenfällt. Zusätzlich zu der oben durchgeführten können Sie übrigens auch einmal schauen, was passiert, wenn Sie den Vater durch die Mutter ersetzen. Dort lässt sich wiederum beobachten, dass ausschließlich im Fall zufälliger Genusidentität mit dem späteren Nomen eine nicht offensichtlich ungrammatische Konstruktion entsteht: ?Nach dem Tod seiner Mutter wurde er Leiter deren Werkstatt. Das ist sprachlich "unlogisch".
L: P Gallmann, Die flektierbaren Wortarten, in: Duden: Die Grammatik, 9. Aufl. 2016; G Müller, Syntaktisch determinierter Kasuswegfall in der deutschen
NP, in: LB 189, 89, hier zit. nach dem Postprint unter https://home.uni-leipzig.de/muellerg/mu3.pdf; B Wiese, Flexive in Phrasen, in: Gunkel et al, Grammatik des Deutschen im europäischen Vergleich: Das Nominal, Teilbd. 2, 2017; G Zifonun, Was geschieht, wenn dessen einen Genitiv trifft?, in: Sprachreport, 3/2003, 18–22, https://pub.ids-mannheim.de//laufend/sprachreport/pdf/sr03-3b.pdf.