Wie ist die korrekte Bezeichnung für das fragliche Satzglied?
Es handelt sich um eine Adverbiale der Art und Weise, die vom Wort «entspannter» abhängt.
Bezugwort der Präpositionalgruppe
Dass die Präpositionalgruppe vom Wort «entspannter» abhängt, lässt sich durch die Vorfeldprobe ermitteln. Sie kann nämlich zusammen mit dem Adjektiv ins Vorfeld verschoben werden:
- Entspannter im Vergleich zu einem Hearing ist ein Interview.
Oder auch:
- Im Vergleich zu einem Hearing entspannter ist ein Interview.
Denselben Befund gibt die Frageprobe:
- Wie ist das Interview? – Entspannter im Vergleich zu einem Hearing.
- Auf welche Art und Weise (ist ein Interview) entspannter? – Im Vergleich zu einem Hearing.
Im Gegensatz dazu erscheint mir der folgende Satz eher unwahrscheinlich, der auf eine Abhängigkeit vom Wort «ein Interview» hindeuten würde:
- Ein Interview im Vergleich zu einem Hearing ist entspannter.
Dieser Satz ist zwar ebenso möglich wie die Umformungen 1. und 2., aber er hat eine andere Bedeutung als der Ausgangssatz. Dies wird besonders deutlich, wenn man die attributive Präpositionalgruppe zu einem Relativsatz umformt:
- Ein Interview, das im Vergleich zu einem Hearing ist, ist entspannter.
Die Bedeutung dieses Satzes ist dieselbe wie in 5., aber eine leicht andere als im Ausgangssatz, denn hier geht es um die Art des Interviews, im Ausgangssatz hingegen um die Art und Weise seines Entspannter-Seins.
Abhängiges Satzglied oder nicht?
Wie du bereits angemerkt hast, lässt die Präpositionalgruppe selber ins Vorfeld sich verschieben. Dies würde eigentlich darauf hinweisen, dass sie ein eigenständiges Satzglied wäre:
- Im Vergleich zu einem Hearing ist ein Interview entspannter.
In der Dudengrammatik heisst es dazu (6., neu bearb. Aufl. 1998, S. 645):
Wortgruppen, die von prädikativen Satzadjektiven abhängen, haben oft die Tendenz, den Status eigenständiger, das heisst frei verschiebbarer Satzglieder anzunehmen.
Dazu hat es die folgenden Beispiele:
- Er ist stolz auf seine Tochter.
- Auf seine Tochter ist er stolz.
Der Grund für dieses relativ freie Auftreten dürfte wohl darin liegen, dass das Verb «sein» zusammen mit dem prädikativen Satzadjektiv einen beinahe verbalen Verbund bildet. Es ist also fast so, als ob entspannter-sein (oder stolz-sein) ein einziges Verb bildete.
Sind die Kommas in den drei Versionen des Satzes zwingend erforderlich, verboten, oder optional? Und warum ist das so?
Die Kommas oder die Gedankenstriche, die an ihrer Stelle verwendet werden können, sind optional. Dies entspricht Regel §78 des amtlichen Regelwerks, wonach es oft im Ermessen der Schreibenden liegt, ob sie «etwas mit Komma als Zusatz oder Nachtrag kennzeichnen» wollen oder nicht.
Dabei ist anzumerken, dass die Kennzeichnung «als Zusatz oder Nachtrag» nicht bedeutet, dass die Präpositionalgruppe nicht mehr ein Satzglied wäre, sondern lediglich, dass ihre Verbindung zum Rest des Satzes etwas lockerer wird, was sich etwa bezeichnen lässt durch eine kurze Sprechpause, einen gesonderten Intonationsverlauf oder die Stellung im Nachfeld des Satzes.
Also wäre ein Komma besonders dann angezeigt, wenn die Präpositionalgruppe – wie im Ausgangssatz – im Nachfeld steht:
- Ein Interview ist entspannter, im Vergleich zu einem Hearing.
Wenn die Präpositionalgruppe hingegen im Vorfeld steht, dann ist sie besonders stark ins Satzgefüge integriert, denn zwischen Vorfeld und Verb wäre eine Sprechpause oder ein gesonderter Intonationsverlauf unangebracht. Also sollte man hier kein Komma setzen:
- Im Vergleich zu einem Hearing ist ein Interview entspannter.
Im Mittelfeld sind beide Optionen möglich:
- Ein Interview ist im Vergleich zu einem Hearing entspannter.
- Ein Interview ist, im Vergleich zu einem Hearing, entspannter.