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Die Prozedur, die Wörter oder Wortes in Wort bzw. gesehen oder sah in seh umwandelt, heißt Stemming.

Wie heißt die umgekehrte Prozedur, bei der die Umwandlung so verläuft:

  • Substantive → Nominativ Singular, (aus Wörter wird Wort)
  • Verben → Infinitiv, (aus sah wird sehen)

PS: Wenn ich mich nicht irre, ist es keine Lemmatisierung. Ich habe diesen Online-Lemmatisierer getestet: https://cst.dk/tools/index.php - laut diesem ist Wört das Lemma zu Wörter.

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  • 1
    Did you switch from Danish to German before lemmatisation?
    – David Vogt
    May 29, 2020 at 21:43
  • sure, yes, controlled it twice. Hm, weird, now it delivers word, like nothing happens before... Thank you for the hint. Well - it calls indeed lemmatization
    – Evgeniy
    May 29, 2020 at 23:39
  • Du meinst die Prozedur, die zur Nennform führt?
    – Wolf
    May 30, 2020 at 11:11
  • @Wolf genau das, ja.
    – Evgeniy
    May 31, 2020 at 18:39
  • Ich denke die Antwort von phipsgabler bringt es weitgehend auf den Punkt. Es hat sich bislang kein zusammengesetztes Substantiv dafür etablieren können, daher wird Bildung der Nennform sicherlich leichter verstanden als Nennformableitung o.ä.
    – Wolf
    May 31, 2020 at 18:45

1 Answer 1

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Ich werde ein bisschen breiter antworten.

Computerlinguistisch würde ich Wörter -> Wort als Lemmatisierung, Wörter -> Wört als Stemming bezeichnen. Im mir bekannten Gebrauch ist Stemming nur das Abziehen von regulärer Flexionsmorphologie, wobei das bei Ablauten im Deutschen schwammig wird -- ich würde gesehen -> sah nicht mehr als Stemming sehen, aber man könnte durchaus dafür argumentieren. In beiden Fällen ist das Ergebnis nicht als grammatisch zu verstehen, sondern nur als Folge von Segmenten zur Repräsentation einer Äquivalenzklasse von Formen.

Die Schwierigkeit der Wahl besteht darin, wie weit man einerseits Semantik und Wortart miteinbeziehen möchte (haben sah und Sicht genug gemeinsam, um sie in eine Äquivalenzklasse zu fassen?), und andererseits in der Effizienz (sollen ein paar Duzend regulärer Ausdrücke reichen, oder brauche ich ein riesiges neuronales Netzwerk, dass ewig trainiert werden muss?).

Nicht-computerlinguistisch würde ich von der Bildung der Nennform oder Zitierform sprechen. Diese Form ist eine vollständig grammatische (finit oder infinitit), und hängt von der Sprachtradition rein konventionell ab -- sie wird gebraucht, um Wörter anzuführen (sei es im gewöhnlichen Sprechen oder in Lexika; in manchen Sprachen unterscheiden sich diese zwei Formen). Also das, wonach du gesucht hast.

Hier ein Beispiel, dass es komplizierter werden kann, ein Exkurs ins Golf-Arabisch:

  • maka:tib: Plural "Büros"; Vollform.
  • maktab: Singular "Büro"; Grundform und Nennform des Substantivs, und Lemmatisierung.
  • maktabate:n: Dual "zwei Bibliotheken"; Vollform.
  • maktaba: Singular "Bibliothek"; Grundform, Nennform, und Lemmatisierung; gleichzeitig eine Art Stemming, weil die Dualendung -te:n abgezogen wurde.

Beide Wörter sind abgeleitet von:

  • k-t-b: Wurzel für "schreiben"; das wäre hier das vollständige Stemming (weil durch Regeln von der Vollform ableitbar), und darunter würde man auch maktabate:n im Wörterbüch suchen.
  • kataba: "er schrieb", dritte Person Singular Maskulinum des Perfekts (also plötzlich ein Verb!); Zitierform der Wurzel k-t-b, wenn man sie spricht.

Außerdem sollte man wissen, dass kataba und k-t-b ohne Vokalzeichen gleich geschrieben werden; das zeigt, dass Stemming etwas rein abstraktes ist, und die Zitierform aus praktischen Gründen sich aus irgendwelchen Formen ergeben kann.

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  • Also wäre Bildung der Nennform die kurze Antwort. Der Exkurs ins Golfarabisch ist (nur für mich?) ziemlich verwirrend.
    – Wolf
    May 30, 2020 at 11:16
  • @Wolf, naja, ich wollte darauf hinaus, dass die drei Begriffe immer davon abhängen, was man damit macht. Aber natürlich schaut alles aus wie ein Nagel, wenn man einen Hammer in der Hand hat. Glaubst du es ist so verwirrend, dass ich es rausnehmen sollte? May 30, 2020 at 14:22
  • Die Verallgemeinerung oder Verallgemeinerbarkeit des Nennform-Konzepts ist für sich genommen interessant. Vielleicht solltest du hierzu einen einleitenden Satz bringen und der Hinweis auf dein Golfarabisch scheint der springende Punkt. Wir wissen ja alle nur so viel wie uns nützt und insofern könnte man solche Einschränkungen als implizit voraussetzen und im Zweifelsfall nicht angeben. Ich würde dir also raten, den Exkurs als solchen auszuarbeiten und ein bisschen sachlicher zu formulieren.
    – Wolf
    May 30, 2020 at 14:58
  • Ich habe mal etwas daran gefeilt, hoffe in deinem Sinne.
    – Wolf
    May 31, 2020 at 18:55
  • Ausgezeichnet, danke! Jun 1, 2020 at 7:58

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