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Bei Novalis habe ich zwei mal die Konstruktion "nach x zu" gelesen. Das erste Mal habe ich mir gedacht, es wäre ein Fehler. Aber zwei Fälle machen es unwahrscheinlich(er). Ist diese Konstruktion grammatikalisch bzw. war sie es vor 200 Jahren? Über weitere Beispiele würde ich mich auch sehr freuen.

Man hörte Menschenstimmen in der Nähe, die großen Flügeltüren nach dem Garten zu wurden geöffnet, und einige Reisende setzten sich auf die Stufen der breiten Treppe, in den Schatten des Gebäudes.

Er kann dieses Spiel oft gleich wieder vernichten, indem er seine Aufmerksamkeit wieder teilt oder nach Willkür herumschweifen läßt, denn sie scheinen nichts als Strahlen und Wirkungen, die jenes Ich nach allen Seiten zu in jenem elastischen Medium erregt, oder seine Brechungen in demselben, oder überhaupt ein seltsames Spiel der Wellen dieses Meers mit der starren Aufmerksamkeit zu sein.

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  • Gleiches Thema: german.stackexchange.com/q/59235/35111 Die Frage hier enthält gute Gegenbeispiele gegen die Behauptung in der Antwort dort.
    – David Vogt
    Aug 9, 2020 at 9:10
  • "Zu allen Seiten hin" kenne ich wohl, "nach allen Seiten zu" habe ich im Zusammenhang mit räumlichen Richtungen noch nicht gehört (heißt nix). "Auf etwas zu" im Sinne einer Bewegung schon. Aber vor 200 Jahren, evtl. regionale Besonderheit, warum nicht ?
    – user41853
    Aug 9, 2020 at 9:12
  • Ich würde das als Suffix deuten und versuchen einen Usammenhangzu den mitlerweile geschwundenen Fällen wie den Allativ herzustellen, von dem zwar unklar ist, ob dieser im einzelnen überhaupt Urindogermanisch war, aber es gibt ja noch andere Fälle die dafür einstehen könnten. Vgl. bspw. PSlav "haus": Dative *dȍmovi, auch *domovъ (“domestic”) und *domovitъ (“pertaining to a household”); ebenso heimwärts. Gut, das ist Cherry-picked, aber immerhin. In Sanskrit wäre damat dagegen Ablativ.
    – vectory
    Aug 9, 2020 at 10:06
  • 7
    In älteren Romanen taucht diese Wendung oft auf. Nichts ungewöhnliches für mich.
    – äüö
    Aug 10, 2020 at 6:47
  • 1
    @äüö: ja, so sehe ich es auch. Damals war "nach ... zu" statt des heute benutzten "nach ... hin" offenbar auch möglich.
    – HalvarF
    Aug 10, 2020 at 7:20

1 Answer 1

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Im DWB wird beim Wort zu unter c) die vorausgehende Präposition nach erklärt. Entsprechend findet man da auch noch weitere Beispiele. Zusammenfassend steht dort, dass es

  1. in Richtungsangaben und damals (siehe "nach heutigem Sprachgefühl") nur bei Ortsnamen oder bestimmten Ortsangaben verwendet wird.
  2. in der gelehrten Poesie des 17.—18. Jhs. beliebt gewesen zu sei, auch des Reimes wegen. Dabei wird oft die Bewegung als ganzes gemeint.
  3. in Lagebestimmungen bzw. in Wendungen mit einer gedachten Richtung verwendet wird.

Heutzutage höre ich es gelegentlich noch mündlich. Es klingt nicht falsch, aber man wundert sich dann, warum nicht das übliche "zu ... hin" verwendet wird. In älteren Romanen taucht diese Wendung auch oft auf, so dass man es nicht ungewöhnlich findet.

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