Erweiterte Nominalgruppen analysieren
Erweiterte Nominalgruppen sind u.a. ein Merkmal von Wissenschaftssprache, wobei Subjekt oder Objekte in einem Satz mittels Attribuierung genauer/eindeutiger spezifiziert, detaillierter beschrieben werden. Mehrheitlich sind das Nomen, die nach Eisenberg (2006:235) als nukleus/Kern bezeichnet werden (Artikel o. Possessivpronomen ... = head/Kopf).
Kopf + Kern (head + nukleus)
Im Beispiel das Objekt im Akkusativ:
einen Ausschnitt des Gott Möglichen.
einen = Kopf | Ausschnitt = Kern
Dessen Attribute ... subordinierende/untergeordnete Attribute
des Gott Möglichen
--> des Möglichen = Attribut 1. Grades, bezogen auf "einen Ausschnitt" (Genitiv-Attribut)
--> Gott = Attribut 2. Grades, bez. auf "des Möglichen" (Dativ-Attribut)
... stehen in direkter Abhängigkeit zueinander, sind also in diesem Fall subordinierend (einander untergeordnet und können daher nicht beliebig die Position wechseln, ohne dass sich der Sinngehalt verändert (Stichwort: Stellprobe). Sie könnten jedoch auch weggelassen werden, ohne dass die Aussage dadurch falsch wird, sondern "nur" ungenau.
z.B. ist das Wort "Gott" ein Attribut 2. Grades, weil es dem Attribut 1. Grades (des Möglichen) untergeordnet ist.
Beispiel - ändern der Postionen der Bestandteile ohne Sinnveränderung/-entleerung nicht möglich:
einen Gott des Ausschnitt Möglichen
einen Gott des Möglichen Ausschnittes
ein Mögliches des Gott Ausschnittes
ein Mögliches des Ausschnitt Gottes
einen Ausschnitt des Möglichen Gott
... daher einzige richtige Stellmöglichkeit:
einen Ausschnitt des Gott Möglichen.
Oder Auslassungsprobe bzw. indem man die subordinierenden Attribute weglässt:
... offenbarte einen Ausschnitt des Möglichen.
... offenbarte einen Ausschnitt.
koordinierende und ambige Attribute
Können die Attribute nahezu beliebig ohne Sinnveränderung im Satzglied vertauscht werden, deutet dies auf koordinierende Attribute, also gleichrangige/gleichwertige hin. Bei Attributen, deren Abhängigkeit nicht eindeutig zuordenbar ist, spricht man in der Sprachwissenschaft von ambigen Attributen (Stichwörter: Mehrdeutigkeit, Ambiguität).
Beispiel: mein Haus in der Stadt Dortmund in Deutschland
mein Haus = Kopf+Kern
in der Stadt Dortmund = gleichrangiges Dativ-Attribut (Präpositionalgruppe)
in Deutschland = gleichrangiges Dativ-Attribut (Präpositionalgruppe)
weil es inhaltlich unerheblich ist, welcher Teil zuerst attributiv angewendet wird.
mein Haus in der Stadt Dortmund in Deutschland
= mein Haus in Deutschland in der Stadt Dortmund
... wobei hier "in der Stadt Dortmund" ein Attribut 2. Grades untergebracht ist:
in Dortmund = Attribut 1. Grades, Dativ - bezogen auf "mein Haus"
der Stadt = Attribut 2. Grades, Dativ - bezogen auf "Dortmund"
Man könnte mittels Stellprobe vermuten, dass "der Stadt" ambig ist, läge mir die folgende Formulierung beim Redigieren vor, würde ich jedoch ein Komma setzen, woraus ein abgetrennter Beisatz entstünde und wodurch "der Stadt" zu einem Attribut 2. Grades "Deutschland" zugeordnet wäre.
mein Haus in Dortmund**,** der Stadt in Deutschland
Bestimmung des Casus
... wenn der Artikel fehlt o. in verschiedenen Fällen gleich lautet.
In erweiterten Nominalgruppen findet man neben Nomen/Substantiven häufig auch substantivierte Adjektive, Adverbien und Pronomen. Weil die Beugungen/Deklinationen auch bei den Fällen im Verlauf des Sprachwandels zunehmend abflachen, wird es immer schwieriger, bei der Zerlegung von Nominalgruppen den jeweiligen Casus zu bestimmen.
Hier hilft eine Ersatzprobe, d.h. wenn ein Wort oder Artikel in anderen Fällen gleichlautend ist, setzt man stattdessen einfach ein stark gebeugtes, maskulines Wort im Singular ein (oder ein Pronomen, das in allen 4 Fällen unterschiedlich lautet) bzw. fügt bei fehlendem Artikel diesen ein.
Beispiel:
einen Ausschnitt des dem Gott(e) Möglichen
einen Ausschnitt des ihm Möglichen
** kurzer Exkurs zum Dativ-e**
... weil das in ähnlichen Textsorten ebenfalls immer wieder angewendet wird. Bei vielen Wörtern (nur maskulin/männlich u. neutral/sächlich) war es bis vor einigen Jahrzehnten noch üblich, im Dativ am Ende ein -e anzuhängen, wenn der Genitiv mit -es gebildet wird, z.B.
des Bildes - dem Bilde | des Waldes - dem Walde | ... usw.
Einige dieser Dativ-e sind im Sprachgebrauch auch heute noch durchaus üblich bzw. sind in Geschichten und Liedern noch erhalten, gelten aber als "altertümelnd".
Er ist ein Kind vom Lande.
Die Zeit verging wie im Fluge.
Ein Männlein steht im Walde.
Die Königin vom Goldenen Dache.
Kein Dativ-e kam/kommt nach stark gebeugten/deklinierten Wörtern, bei denen im Genitiv nur -s steht.
des Vaters - dem Vater (nicht: dem Vatere
*Verwendete Literatur:
des Gottmöglichen
richtig wäre.