Nein, das ist leider falsch.
Die von dir gewählte Zeit heißt »Futur II«, und sie bezeichnet ein Ereignis, das zeitlich vor einem anderen Ereignis liegt. Ich nenne das frühere Ereignis das »Ereignis A« und das spätere »Ereignis B«. Futur II verwendet man genau dann, wenn man vom Ereignis A spricht und wenn das Ereignis B in der Zukunft liegt.
Ob das Ereignis A ebenfalls in der Zukunft liegt, oder in der Vergangenheit, oder vielleicht sogar gegenwärtig stattfindet, ist dabei egal.
Eine korrekte Verwendung des Futur II wäre z.B. dieser Satz:
Er wird mich noch vor Weihnachten allein gelassen haben.
Das Ereignis B, das in der Zukunft liegt, sind die nächsten Weihnachten. Das Ereignis A ist das Alleingelassenwerden, und der Zeitpunkt dieser Alleinlassung liegt zeitlich vor den nächsten Weihnachten. In diesem Beispiel kann man aus dem Kontext schließen, dass das Ereignis A ebenfalls in der Zukunft stattfinden wird, Futur II lässt aber auch zu, dass das in der Vergangenheit war. Das soll das nächste Beispiel zeigen (Futur II im letzen Satz):
Arbeiter: Wann können wir wieder gefahrlos in die Mine um weiter Gold abzubauen?
Polizist: Sie müssen noch eine Stunde warten, dann ist es sicher. Der Attentäter hat nämlich vor genau 23 Stunden irgendwo in der Mine eine Bombe mit Zeitzünder versteckt. Wir haben in seiner Wohnung mehrere baugleiche Bomben gefunden, und alle haben einen einstellbaren Zünder, den man auf maximal 24 Stunden einstellen kann. Im Verhör hat er zugegeben, dass auch die versteckte Bombe einen solchen einstellbaren Zeitzünder hat, aber er hat uns nicht verraten, auf welche Zeitspanne der Zünder eingestellt ist. Wir wissen nur, dass es maximal 24 Stunden sein können.
Hier im Freien bekommt man von der Detonation nichts mit. Wenn sie aber zufällig in der Mine in der Nähe der Bombe sind wenn sie hochgeht, werden Sie getötet.
Ich kann Ihnen nur folgendes mit Sicherheit sagen: Die Bombe wird in spätestens einer Stunde explodiert sein.
Das Ereignis B ist der letztmögliche Zeitpunkt für die Explosion, und dieser Zeitpunkt liegt in der Zukunft.
Das Ereignis A ist die tatsächliche Explosion, und die hat mit großer Wahrscheinlichkeit bereits unbemerkt in der Vergangenheit stattgefunden.
Der Satz
Er wird mich allein gelassen haben.
handelt nur vom Ereignis A und erwähnt den in der Zukunft liegenden Bezugspunkt nicht. Es ist natürlich erlaubt, sich auf ein Ereignis B zu beziehen, das im Kontext vorhanden ist weil es zuvor das Gesprächsthema war, aber ohne diese Zusatzinformation ergibt der Satz alleine nicht viel Sinn.
Wenn aber klar ist, dass die nächsten Weihnachten dieses Ereignis B sind, dann sagt dieser Satz aus, dass der Kollege mich davor allein gelassen haben wird. Und ob er an Weihnachten wieder bei mir zurück ist, wird völlig offen gelassen.
Um auszudrücken, dass der Kollege mich an den Weihnachtsfeiertagen allein lässt, genügt Futur I:
Er wird mich alleine lassen.
Das kann man natürlich um eine genaue Zeitangabe erweitern, die aber an der Zeitform des Prädikats nichts ändert:
Er wird mich zu Weihnachten alleine lassen.