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gut Ding will Weile haben
ahne ich, dass das Adjektiv gut ausgeschrieben gutes hieße. Wie soll ich das gut interpretieren? Ist das Dialekt, altes Deutsch, eine Abkürzung der Art ich hab 'ne Frage?
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gut Ding will Weile haben
ahne ich, dass das Adjektiv gut ausgeschrieben gutes hieße. Wie soll ich das gut interpretieren? Ist das Dialekt, altes Deutsch, eine Abkürzung der Art ich hab 'ne Frage?
Das ist altes Deutsch und steht so bei Goethe, in Wilhelm Meisters Wanderjahre. Es bedeutet "Ein gutes Ding will Weile haben", heute würde man wohl sagen "braucht Geduld" oder "muss reifen". Stehende Redewendungen, Literaturzitate und auch Textstellen aus Liedern widerstehen oft einem geänderten Sprachgebrauch. Hier wird das Zitat Ovid zugeschrieben, der jedoch nicht auf Deutsch veröffentlicht hat. Wann der Satzt exakt so übersetzt wurde ist dem Link so wenig entnehmbar, wie die genauere Kennzeichnung des Textes, also Titel, Verlag, Jahr, Seitenzahl. 1821 erschienen das Goethesche Werk, Google NGram verzeichnet einen Peak für den Ausdruck jedoch 5-10 Jahre früher.
So ist also denkbar, dass sich Goethe in einem Wörterbuch bedient hat, die Redewendung dadurch populär wurde, und Ovid erst daraufhin so übersetzt wurde. Ebenso kann aber die Ovidübersetzung für das Redensartenverzeichnis Pate gestanden haben oder letzeres für beide, Goethe und die Ovidübersetzung. Oder die Redensart mag auch ohne schriftliche Fixierung populär gewesen sein.
Mit dem Alter hat das wenig zu tun, es handelt sich um eine Aussparung aus Stilgründen. Die Redensart gewinnt dadurch an Prägnanz und klanglicher Harmonie.
Anderes Beispiel für die Wirkung von Aussparungen:
Wo kein Kläger, da kein Richter statt Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter
Wer einen Spruch in Umlauf bringen will, tut gut daran, ihn in eine ansprechende Form zu bringen, das fördert die Verbreitung.
Diese Webseite erklärt die Herkunft des Ausdrucks wie folgt:
Das ist der Sprache nach aus der Zeit um 1500, da schrieb man tatsächlich "gut Ding" und nicht "gutes Ding".
Leider wird dort aber auch keine Quelle, bzw. genauere Erläuterung angegeben.
Das Zitat lässt sich allerdings wahrscheinlich auf Martin Luther (1483-1546) zurückführen. Schaut man im DWB nach, findet man unter dem Eintrag "GUT (4)"
gut ding wil weil haben - Luthers
Eine Zuschreibung, die man auch an anderen Stellen findet.
Für die Behauptung auf der Webseite, dass man damals "tatsächlich so schrieb" kann man auch im DWB unter "Ding" nachschauen, um zumindest Hinweise zu finden, die das untermauern.
Auch dort finden sich Textpassagen wie:
ja, das war schon ein ander ding
(die Preuszen) haben kein münz, bawen schlecht ding, von leimen und stroh ein hütlin
har das ist ein klein ding
zorn ist ein wütig ding
etc.
aber auch Sachen wie
ein gut wort findet eine gute statt
welches sich gewandelt hat in
Gutes Wort findet gute Statt.
so dass man wirklich davon ausgehen kann, dass "Gut Ding will Weile haben" ein alter Ausdruck ist, der sich durch die Zeit gerettet hat.
EDIT:
Schaut man in "Proverbiorvm Copia, Etlich viel Hundert, Lateinischer vnd Teutscher schöner vnd lieblicher Sprichwörter - Eyering, Eucharius" von 1601 findet man "viel weiter Ding"
All Ding zu rechter Zeit ausrichten