Ich lese derzeit Lieblose Legenden, eine Sammlung lustiger Kurzgeschichten von Wolfgang Hildesheimer. Folgendes ist ein Exzerpt aus der Geschichte "1956 - ein Pilzjahr".
1810 ist Pilz in Berlin, wo er durch einen Zufall Friedrich Ludwig Jahn begegnet. Der Patriot ... weiht [Pilz] in seine Pläne ein: er beabsichtigt, den Freiheitskampf der alten Germanen gegen die römische Gewaltherrschaft in einem groß angelegten Dramenzyklus gleichnishaft darzustellen. Einige Vorbereitung und Wappnung zur Hermannsschlacht schildernde Szenen hat er schon zu Papier gebracht und will sie vorlesen. Pilz wehrt nicht nur energisch ab, sondern beginnt, bei dieser Gelegenheit, dem Älteren ins Gewissen zu reden: Jahn sei auf der falschen Bahn. Hermannsschlachten gäbe es schon und würde es auch in Zukunft zur Genüge geben. (- Prophetische Worte! -)
Wir haben am Ende drei Verben: sei (in Konjunktiv I), dann gäbe und würde (Konjunktiv II). Ich glaube, dass ich verstehe, warum der Schriftsteller "sei" verwendet - das ist einfach indirekte Rede. Wenn ich bisher recht habe (korrigiert mich bitte, wenn nicht), warum wechselt er dann zum Konjunktiv II? Hätte er nicht schreiben können:
Hermannsschlachten gebe es schon und werde es auch in Zukunft zur Genüge geben.
? Hätte das eine andere Bedeutung?
Falls es hilfreich ist, macht der Auszug weiter:
Nein, so argumentiert Pilz, ohne das Maß seiner geistigen Gaben in irgendeiner Weise schmälern zu wollen, lägen vielleicht seine wirklichen Fähigkeiten doch auf einem anderen Gebiet - ja, habe er denn nicht überhaupt einen geheimen Hang zu Leibesübungen? Wie wäre es denn - so Pilz - wenn er diesen Hang zu erhabener Berufung mache und sein Leben der Aufgabe weihe, die deutsche Jugend durch körperliche Zucht zu kräftigen, indem er ihr diese durch Vorexerzieren vermittle? Vielleicht gar solle er sich »Turnvater Jahn« nennen, welcher Name ihm sofort einen gewissen bleibenden Nimbus verleihen werde!