Das mit den Fugenlauten ist eine ziemlich komplizierte Sache. Der Wikipedia-Artikel über Fugenlaute gibt einen guten Überblick, aber letzten Endes läuft es immer auf dasselbe Prinzip hinaus, das hinter jeder sprachlichen Entwicklung steht:
Jeder Muttersprachler versucht seinen eigenen Sprachgebrauch an die Gewohnheiten der Mehrheit der Menschen anzupassen, mit denen er es zu tun hat. Oder als Empfehlung für Deutschlernende formuliert: Mach es wie die Mehrheit.
Das Problem dabei ist, dass jeder Mensch in einer anderen Gruppe von Menschen lebt, die ihm dieses Mehrheitsdeutsch vorsprechen und vorschreiben. Das hat zur Folge, dass in verschiedenen Regionen für dieselben Komposita unterschiedliche Fugenelemente verwendet werden. Beispielsweise werden in meiner Heimat (der Osten Österreichs) viele Komposita anders gebildet als in weiten Teilen Deutschlands. Hier ein paar Beispiele:
D: Schweinebraten, Ö: Schweinsbraten
D: Zugverspätung, Ö: Zugsverspätung
D: verfassunggebend, Ö: verfassungsgebend
D: Adventskalender, Ö: Adventkalender
Es gibt aber auch Unterschiede zwischen Berufsgruppen. Juristen sind ja berühmt-berüchtigt für ihre Sprache:
Jurist: Hilfsleistung, Nicht-Jurist: Hilfeleistung
Jurist: Schmerzengeld , Nicht-Jurist: Schmerzensgeld
Aber auch dort, wo über alle Ländergrenzen hinweg und über alle Berufsgruppen und sozialen Schichten hinweg dieselben Fugenelemente verwendet werden, lässt sich die richtige Wahl des Fugenelements nur schwer in Regeln fassen:
- Warum heißt es Seelenverwandter und Seelsorger aber nicht Seelverwandter und Seelensorger?
- Warum nennen sich viele Ausflugsgaststätten Waldesruh und nicht Waldruh obwohl kein Waldesweg sondern ein Waldweg hinführt?
- Warum bedeuten Gasthaus und Gästehaus nicht dasselbe?
- Warum bedeuten Mauseloch und Mäuseloch aber doch dasselbe?
- Wenn in einem Kindergarten mehrere Kinder sind, und wenn die Kindesmutter Mutter eines Kindes ist, warum heißt dann die Haushaltshilfe, auch wenn sie sich um nur ein Kind kümmert, nicht Kindesmädchen sondern Kindermädchen?
- Warum ist in Geburtstag, Geburtsdatum, Geburtsstadt, Geburtsurkunde usw. ein s, obwohl es doch gar keine grammatische Form des Wortes Geburt gibt, bei der ein s an das Wort angefügt wird?
Fragen über Fragen und auf alle gibt es immer dieselbe Antwort: Weil jeder einzelne Mensch diese Wörter so verwendet, wie die Mehrheit aller Kommunikationspartner, mit denen man zu tun hat.
Und bei der Frage, ob Funktionenvereinigung oder Funktionsvereinigung richtig ist, ist es dasselbe: Die, die in einer Blase leben, in der das Fugenelement -en- häufiger verwendet wird, werden Funktionenvereinigung sagen und schreiben, und das ist dann auch richtig. Und die, die in einer -s-Blase leben, verwenden eben Funktionsvereinigung, und in dieser Gruppe ist das auch richtig.
Und die Frage, nach welchem der beiden Muster
- Funktion - en - Vereinigung (Singular + en-Fuge)
- Funktionen - ∅ - Vereinigung (Plural + Nullfuge)
das Wort Funktionenvereinigung zusammengesetzt ist, kann man auch nur schwer beantworten, weil die Fugenlautbildung eben ganz anderen Regeln folgt als die sonstigen Deklinations-Arten.
Off-topic:
Was richtig und was falsch ist, kann sich aber auch im Laufe der Zeit verändern:
Ich habe oben das deutsch-österreichische Beispiel Adventskalender/Adventkalender vorgestellt. Tatsächlich nimmt aber in Österreich seit ca. 20 Jahren die Zahl jener Menschen stetig zu, die ein s in das Wort einfügen, so dass das Wort ohne s bald aussterben wird. Warum das so ist, ist leicht erklärt: Viele dieser Kalender werden in Deutschland hergestellt und mit dem Wort Adventskalender bedruckt und dann im ganzen deutschen Sprachraum, also auch in Österreich verkauft. Und die Werbung, die im Fernsehen und in anderen Medien dafür gemacht wird, verstärkt noch die Präsenz dieses Wortes in Österreich. Und weil jeder gerne so spricht und schreibt wie es ihr/ihm von ihrer/seiner Umwelt vorgemacht wird, tragen nun auch schon in Österreich für den österreichischen Markt produzierte Adventkalender den Ausdruck Adventskalender. Und die Österreicher, die jünger als ca. 40 sind, sagen auch schon mehrheitlich »Adventskalender«, während in meiner Generation (ich bin jetzt 56) noch mehrheitlich »Adventkalender« gesagt wird.