Der Begriff wurde in den 1990er Jahren von der Psychologin Ulrike Zöllner in ihrem Buch "Die armen Kinder der Reichen" geprägt. Ein ähnlicher englischer Begriff ist "affluenza".
Er beschreibt ursprünglich das Phänomen, dass Jugendliche, besonders Kinder reicher Eltern, in großem materiellem Wohlstand, aber mit wenig Zuwendung, Erziehung und gesetzten Grenzen aufwachsen. Sie sind es gewöhnt, dass ihre materiellen Wünsche erfüllt werden und dass sie selten um etwas kämpfen müssen. Beim Aufwachsen entwickeln sie sich zu materialistischen Egoisten oder Tyrannen, die wenig Empathie aufbringen, denen Konsum und Statussymbole sehr wichtig sind, und die sich schwer in einer sozialen Umgebung einfügen können.
Verwahrlosung bedeutet eigentlich, dass jemand sein Leben nicht mehr in den Griff bekommt und nicht mehr so "funktionieren" kann, wie es für sein Leben und seine sozialen Beziehungen nötig wäre, alles schleifen lässt, sich nicht mehr um sich selbst, seine Wohnung, seine Beziehungen etc. kümmert. Eigentlich kennt man das eher von hilflosen, oft armen oder psychisch eingeschränkten Personen. Hier wurde dieser Begriff - ursprünglich überraschend - auf Jugendliche angewandt, die aus Wohlstand und mangelnder Erziehung heraus gelernt hilflos sind.
Der Begriff hat sich aber inzwischen zu einem politischen Kampfbegriff verändert, mit sehr ausgeweiteter Bedeutung. Die damit gemeinten Menschen (nicht nur Jugendlichen) sollen sich demnach in westlichen Gesellschaften so sehr an Wohlstand und ein Leben ohne Herausforderungen und Hindernisse gewöhnt haben, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die Sichtweisen anderer zu berücksichtigen, die Voraussetzungen des eigenen Wohlstandes zu erkennen, über ihre eigenen "dekadenten" "first world problems" hinaus zu denken usw.
In einer europäischen Gesellschaft kann das in weiterem Sinne fast jeder jedem vorwerfen. Die Klimaaktivistin sieht den SUV-Fahrer, der aus ihrer Sicht seine Wahrnehmung des Klimawandels seinem gewünschten Lebensstandard anpasst, als "wohlstandsverwahrlost". Der SUV-Fahrer wiederum sieht die Klimaaktivistin, die sich auf der Straße festklebt, als "wohlstandsverwahrlost", weil sie die ihr wichtigen Themen und ihren Protest absolut setzt und für wichtiger hält als die Gründe der anderen, die Straße zu benutzen.
Das Wort wird also benutzt, um Andersdenkende herabzusetzen, deren Verhalten oder Blick auf Probleme die sprechende Person selbst als dekadent, egoistisch, ignorant oder auf die Perspektive des verwöhnten Europäers beschränkt ansieht.