Konsequenz war eine Bedingung richtigen, logischen Denkens, und wo immer in den unterschiedlichen philosophischen Theorien der Tradition deren Anfänge lagen, die Folgerungen wurden nicht willkürlich gezogen, sondern unter dem Druck, überzeugen, Beweise liefern, sich für den eingeschlagenen Weg rechtfertigen zu müssen. Wenn der Anfang einer Philosophie im eigenen Erleben, im Selbstgefühl lag, wie ließ sich dann ihre Dringlichkeit beweisen? Die drei Einzelkämpfer überließen sich der Leidenschaft, der Kunst der Darstellung, der Rhetorik des Herzens, so, wie ein Liebhaber seinem Liebesgeständnis Druck nicht durch Argumente, sondern durch Stil, durch Eigenart und Vehemenz die nötige Verführungskraft verleiht. — Eberhard Rathgeb, 「Die Entdeckung des Selbst」, 1. Auflage (2022), Seite 14.
Ich kann das fett markierte Nomen "Druck" nicht verstehen. Vielleicht könnte es mir beim Verstehen helfen, wenn Sie folgende Fragen beantworten. Zusätzliche Erklärungen bzw. Tipps sind auch herzlich willkommen. Ich bin dankbar dafür.
Kann man die Möglichkeit ausschließen, dass das fett markierte Nomen "Druck" hier fälschlich steht? Z.B. Fehler vom Autor, Fehler der Redaktion usw.
Wenn ja:
- Ist das Nomen "Druck" Akkusativobjekt vom Verb "verleihen"? Wenn nicht, was ist der Kasus von dem "Druck"?
- Könnten Sie bitte den Satz so umschreiben, dass er grammatikalisch einfacher wird?
Hinzugefügt am 16.06.2023:
Ich habe den Verlag gebeten, den Satz zu überprüfen und ggf. den Autor zu fragen, und eine Antwort vom Lektorat bekommen:
Das Wort „Druck“ ist an dieser Stelle kein Fehler, sondern vom Autor so gewollt, aber vielleicht etwas missverständlich in der Formulierung.
Da es im vorhergehenden Abschnitt um den Druck ging, unter dem die drei Philosophen Schopenhauer, Kierkegaard & Nietzsche standen, mit ihren neuen philosophischen Ansichten zu überzeugen, wiederholt der Autor nachfolgend diesen Begriff.
Zum besseren Verständnis wäre hier vielleicht eine etwas andere Formulierung mit dem Begriff „Nachdruck“ besser gewesen oder die Verwendung eines zusätzlichen Artikel „den Druck“.
Die drei Philosophen versuchten also durch Leidenschaft, Kunst der Darstellung und Rhetorik des Herzens zu überzeugen – so, wie ein Liebhaber in seinem Liebesgeständnis nicht durch (Nach)druck nur mit seinen Argumenten verführen will, sondern durch Stil, Eigenart und Vehemenz.
Den Inhalt verstehe ich durchaus. Ich bin aber immer noch nicht vom Gedanken losgeworden, dass der Satz grammatisch falsch formuliert sein müsste.
… so, wie ein Liebhaber einem Liebesgeständnis Druck nicht durch Argumente, sondern durch Still (…) die nötige Verführungskraft verleiht.
Was hier durch "nicht" verneint wird, ist "durch Argumente". Das "Druck" wird nicht verneint und daher bleibt das Akkusativobjekt. Aber danach tritt ein anderes Akkusativobjekt, "Verführungskraft", auf. Das sieht für mich falsch aus. Ich denke, dass man das Objekt "Druck" verneinen soll, um ein anderes Objekt, "Verführungskraft", einzusetzen. Die Alternative, die RHa in seiner/ihrer Antwort geschrieben hat, scheint mich grammatisch richtig. Da ist das "Druck" verneint; also es heißt so: "nicht (…) Druck, sondern (…) Verführungskraft".
Aber ich soll vielleicht eine neue Frage stelle, um diese Sache zu besprechen. Hier an dieser Stelle bedanke ich mich nur für alle bisherige Antworten.