Die Konstruktion mit werden ist keine Zeitform
Es handelt sich um überhaupt keine Zeitform, denn die deutsche Konstruktion mit werden ist nicht eine Zeitform, sondern eine Modalkonstruktion. Dies erkennt man daran, dass diese Konstruktion für die Rede über Zukünftiges gar nicht benötigen. Ich kann problemlos sagen:
Ich gehe morgen zu dir.
Dies kontrastiert fundamental mit der Rede über Vergangenes, wo das Deutsche echte Zeitformen hat, die nicht durch das Präsens ersetzt werden können. Der folgende Satz ist ungrammatikalisch:
*Ich gehe gestern zu dir.
Stattdessen müssen wir zwingend eine Zeitform verwenden, beispielsweise das Präteritum:
Ich ging gestern zu dir.
Hier kann also wirklich von einer Zeitform die Rede sein, denn ohne sie ist die Rede über Vergangenes nicht grammatikalisch.
Was bedeutet die Konstruktion mit werden dann?
Allgemein umschreiben liesse sich die Bedeutung vielleicht damit, dass die Konstruktion mit werden etwas ausdrückt, was nicht ganz sicher ist und sich noch erweisen muss. Oft liegt es in der Zukunft, aber eben nicht immer.
Mit der Weglassprobe schält sich der Unterschied bei deinem Beispielsatz heraus. Ohne das Wort werden wird eine Gewissheit daraus:
Er hat das schon gewusst.
Warum spricht man dann vom Futur?
Es hat mit unserer jahrtausendealten Tradition zu tun, dass alle Sprachen in den Begriffen der lateinischen Grammatik beschrieben worden sind.