Liebe alle,
ich denke eigentlich schon, dass es sich "Kraweel" schreibt. Das Gedicht hat vielleicht keine tiefere Bedeutung, aber Melusine ist ja eine alte Geschichte, die in vielen Versionen erhalten ist (u.a. in dem erwähnten Prosaroman von Thüring von Ringoltingen). Sie handelt von einer Wasserfrau, die sich mit einem Ritter vermählt. Er darf sie jedoch immer dann nicht sehen, wenn sie sich zurück in ihr Fischwesen verwandelt.
Die Verse von Loriot sind ja nur die Anfangsverse des Gedichts, denn Lothar Frohlein (oder so) wird ja von seinem Schluckauf unterbrochen. Es ist also davon auszugehen, dass das Melusine-Motiv noch weiter ausgebaut würde. Die ersten Verse, so habe ich es immer verstanden, bilden sozusagen das 'Setting': Eine Kraweel ist ja ein mittelalterlicher Schiffstyp, der erste und der vierte Vers verstehen sich also als "Ein Schiff! Ein Schiff!". Dann wird es zugegeben etwas dunkel - immerhin handelt es sich ja um eine Parodie besonders verstiegener, abgelegener Gedichte -, aber 'Ginst' ist durchaus nicht bedeutungslos, sondern heißt, wenn mein Duden recht hat, 'Reisig' oder 'Gestrüpp'. Der Musenhain ist keine häufige Formulierung, aber gemeint ist ein kleiner Garten, in dem man sich zur Diskussion von Dichtung und Kunst trifft, in dem sozusagen die "Musen" leben. Der zweite und dritte Vers bedeuten also "Reisig, der vom Tau noch trüb ist, am Hain der Dichtung". Das hat natürlich mit der Melusine und der Kraweel auf ersten Blick wenig zu tun.
Also: Es handelt sich natürlich um eine Parodie und um ein Nonsense-Gedicht, das zudem ja im Film abgebrochen wird. Aber die einzelnen Elemente tragen alle Bedeutung und beziehen sich aufeinander - Melusine und Kraweel auf die Wasserfrau und ein Schiff -, - Ginst und der Musenhain auf einen Garten oder einen kleinen Wald. Vielleicht ist ein liebliches Ufer gemeint, auf das die Kraweel sich hinbewegt? Vielleicht, um die Melusine abzuholen? Aber das kann man nicht sicher sagen. Ziemlich sicher nur scheint mir, dass es sich "Kraweel" schreibt und dass die Wörter nicht ausgedacht sind. Warum aber der ziemlich unbekannte Arno Schmidt-Herausgeber Ernst Krawehl gemeint sein soll - einmal von der lautlichen Namensähnlichkeit abgesehen - will mir überhaupt nicht einleuchten.