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Es ist mir (zu spät) aufgefallen, dass man Rechenzentrum und nicht „Rechnenzentrum“ den Ort nennt, der Maschinen hat (salopp ausgedrückt), die rechnen. Dabei ist Rechen nur ein Werkzeug in der Gärtnerei o.ä.

Wie kam Rechen dazu, die Fähigkeiten zu rechnen darzustellen. Ist eine phonetische Ähnlichkeit dafür zuständig?

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  • Das Wort ist ein wenig unglücklich, da ein "Rechen" (etwas anders ausgesprochen) auch ein Gartengerät sein kann. Ein Rechenzentrum könnte also auch ein Geschäft sein, das sich auf den Verkauf von Rechen spezialisiert hat ;-) Commented Dec 18, 2023 at 11:16
  • 1
    @user1934428 ...genauso wie ein Sitzpinkler einer sein könnte, der immer auf den Sitz pinkelt... (Zusammensetzungen sind oft mehrdeutig)
    – tofro
    Commented Dec 18, 2023 at 11:41
  • @tofro: Wie wahr! Man denke nur an die kannibalistischen Speisen "Jägerbraten" und "Kinderschnitzel"! Commented Dec 18, 2023 at 12:40
  • 1
    Ich habe den Verdacht, dass zuordenbar - siehe diese Frage - auf einer ähnlichen Bildung beruht.
    – guidot
    Commented Dec 18, 2023 at 14:33

1 Answer 1

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Bei Komposita mit verbalem Erstglied steht regelmäßig der Verbstamm: Bohrmaschine, Greifarm, Leuchtfeuer, Schmierblatt, Sprengkopf, Stolperfalle, Tropfstein, Zitteraal.

Ich würde rechen- als (orthographische) Stammvariante von rechn- auffassen: wenn der Laut n als Silbengipfel dient, schreibt man en, sonst n. Im verbalen Paradigma dient n nie als Silbengipfel, sondern als Anlaut. Der Silbengipfel wird von der Endung gestellt: rech.ne, rech.net, rech.nen etc. Nur in Komposition und Derivation erscheint rechen- als Stammvariante mit silbischem n: Rechenzentrum, rechenbar [ʁɛxn̩-].

Diachron gab es auch rechenen und rechen (Lexer), aber ich glaube nicht, dass das hier eine Rolle spielt. Als Erstglied von Komposita ist rechen- schon lange vor Rechenzentrum etabliert: Rechenmeister, Rechenpfennig, Rechenstab, Rechentafel.

Dass der Nasal in eine neue Silbe rückt, ist eine Folge der Sonoritätshierarchie. Im verbalen Paradigma dient der Nasal des Stammes dann, wie schon gesagt, als Anlaut der Silbe, während das für Liquide oder Nasale, die nicht Teil des Stammes sind, nicht gilt; sie dienen als Silbengipfel: segelt [zeːgl̩t], lachend [laxn̩t].

Weitere Beispiele: zeichnen, zeichenbar; trocknen, trockenbar; zuordnen, zuordenbar; atmen, atembar. Marginal auch beregnen, beregenbar; enteignen, enteigenbar; einebnen, einebenbar; segnen, segenbar. Aber mit Wegfall des Nasals leugnen, leugbar.

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  • Ja, und die Form mit Infinitivendung "rechn-en" kann in Komposita normalerweise aus generellen grammatischen Gründen nicht auftreten.
    – Alazon
    Commented Dec 18, 2023 at 12:34
  • Ich habe jetzt mutiger formuliert.
    – David Vogt
    Commented Dec 18, 2023 at 13:49
  • Schöne Erklärung! Gibt es noch andere Beispiele, in denen ein im Infinitiv verschwundenes e wieder auftaucht? Mir fällt ad hoc für ein verschwindendes e nur Dresdner Straße ein, aber das kommt nirgends wieder zum Vorschein.
    – Jonathan Herrera
    Commented Dec 18, 2023 at 14:04
  • 3
    @JonathanScholbach Zeichenstift, Zeichentrickfilm
    – Uwe
    Commented Dec 19, 2023 at 7:28
  • 1
    Im Mittealter war Rechenmeister ein bekannter Beruf. Im deutschsprachigen Raum ist Adam Ries(e) bis heute bekannt.
    – Paul Frost
    Commented Dec 19, 2023 at 10:32

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