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Mein Radiosender will mir neuerdings nahelegen, daß ich bei Musikwünschen eine Whatsapp schicken solle:

Für Musikwünsche, schicke uns eine Whatsapp!

Das geht mir ehrlich gesagt ziemlich auf den Senkel, da ich zwar die Whatsapp installiert habe, diese aber nicht "schicken" kann. Ich könnte aber eine Whatsapp Nachricht oder eine Nachricht per Whatsapp schicken; warum wird mir dies nicht angeboten?

Dieses Phänomen scheint dem des "Blog posten" ähnlich zu sein, wo Leute neuerdings auch nur "einen neuen Blog reinstellen", statt "einen neuen Beitrag im Blog reinzustellen."

Gibt es für dieses Phänomen eine Bezeichnung? Ich weiß nicht einmal genau, wie ich's beschreiben sollte. Übergeordnete Systeme werden wie Teile des Systems behandelt‽ Ist das eine Form der Verallgemeinerung? Sollte dann nicht wenigstens die Grammatik anders sein? Man sagt ja auch nicht "Schick mir eine Post", sondern höchstens "schick mir Post". Warum also "eine Whatsapp"?

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4 Answers 4

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Ohne eine Bezeichnung für das Phänomen zu haben, handelt es sich um eine Konstruktion analog zu

Schick' mir eine SMS.

Wie WhatsApp bezeichnet auch SMS/MMS korrekterweise einen Dienst / eine Anwendung, nicht die Nachricht selbst, die allerdings umgangssprachlich ebenso bezeichnet wird1. WhatsApp ersetzt bzw. ergänzt die ältere SMS funktional wie begrifflich, und eben auch im alltäglichen Sprachgebrauch.

Auch wenn es aus technischer Sicht falsch und aus sprachlicher Sicht zumindest unpräzise ist, gehen Formulierungen wie SMS schicken oder eben WhatsApp schicken vielen Sprechern leichter über die Lippen als das relativ komplizierte eine Kurznachricht über SMS schicken oder eine WhatsApp-Nachricht schicken. Stilfragen fallen hier Trends zum Opfer und technische Präzision spielt keine Rolle, lediglich der Kommunikationskanal ist relevant, da er bei Sender und Empfänger passen muss.


1Anpassung an die sprachliche Realität vs. technischer Korrektheit:
Der Duden führt inzwischen die/das SMS als Begriff für die Kurznachricht selbst auf, der zugrunde liegende Dienst ist der SMS.

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  • 4
    Gute Antwort. Ich denke mir geht "eine Whatsapp" sehr viel mehr gegen den Strich als "eine SMS", da "SMS" ein an sich bedeutungsloser Begriff ist, den man erstmal mental dekodieren muss um seine Unsinnigkeit zu entdecken. Bei "einer Whatsapp" hingegen ist die App direkt im Wort! Aber am Ende ist es das gleiche Phänomen, das ist richtig.
    – deceze
    Commented Sep 9, 2015 at 7:46
  • 4
    @deceze Im Zweifelsfall den Sprechern nicht zu viel Hirn oder gar Absicht unterstellen - "das sagt man halt so". Vorhandene Sprachmuster spielen eine große Rolle bei der Neuschöpfung von Begriffen. Ich denke, an SMS als Begriff haben wir uns einfach schon gewöhnt, in ein paar Jahren könnte das mit WhatsApp ähnlich sein. Obwohl - dann gibt es wahrscheinlich schon den Nachfolger des Nachfolgers mit eigener Begrifflichkeit ^_^
    – Stephie
    Commented Sep 9, 2015 at 7:50
  • 1
    @chirlu Wieso "nur für deutschsprachige Nutzer"?!
    – deceze
    Commented Sep 9, 2015 at 8:54
  • 6
    Der gesuchte Begriff ist übrigens Metonymie.
    – chirlu
    Commented Sep 9, 2015 at 8:54
  • 2
    @chirlu Da man aber Englisch sprechen muß, um dieses Wortspiel zu verstehen, und der Name von Amerikanern geschaffen wurde, denke ich mal, daß das auch in anderen Sprachen verständlich ist... :)
    – deceze
    Commented Sep 9, 2015 at 8:57
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Wie chirlu in seinem Kommentar schreibt, könnte man das Phänomen wohl als Metonymie bezeichnen. Evtl. auch als Synekdoche - ganz treffend finde ich das allerdings alles nicht.
Die Sache mit der Sprachökonomie von anion kommt der Sache ziemlich nahe.

Vielleicht sollte man neben der offensichtlichen Parallele bei SMS noch anderes mit einbeziehen und den Blick etwas weiter öffnen:

Bisher hat interessanterweise niemand "E-Mail" erwähnt. Dieses Wort steht ganz ursprünglich ja eigentlich für das System, elektronische Post zu verschicken. Im zweiten Schritt bezeichnet es dann eben auch eine einzelne solche Nachricht. Schließlich kann man mittlerweile auch im Deutschen "mailen" - und kein normaler Mensch hat ein Problem damit.
Bei "SMS" befinden wir uns im gleichen Prozess (zugegebenermaßen etwas verzögert). Und bei "WhatsApp" geht diese Entwicklung eben erst los.

Da das i.d.R. auch bei Dateiendungen funktioniert ("die PDF" statt "die PDF-Datei" etc.), gibt es für normale Sprachnutzer keinen nachvollziehbaren Grund, das hier im vorliegenden Fall nicht ähnlich ökonomisch zu machen.

Missverständnisse sind meist nicht zu befürchten (außer es wird dem Hörer durch zu starke Abkürzung unnötig schwer gemacht).

Das kann man schrecklich finden oder nicht - solange man selbst aber jeden Tag E-Mails verschickt und sich nicht die Mühe macht, diese als "E-Mail-Nachrichten" zu bezeichnen, sollte man vielleicht anderen auch "eine WhatsApp" durchgehen lassen.
Sprache entwickelt sich beim Gebrauch, die Regeln kommen erst hinterher.

Edit: Vielleicht bedenkenswert ist die Tatsache, dass sich im Deutschen "die Mail" für eine E-Mail-Nachricht durchgesetzt hat. Absolut legitim und praktisch. Den wenigsten ist aber bewusst, dass sie damit (wie bei "Handy" oder "Bodybag") ein deutsches Wort benutzen, das so im Englischen nicht verwendet wird. Dort ist "mail" nach wie vor einfach "Post" - und kann wie das deutsche "Post" nicht für eine einzelne Sendung stehen. Man könnte also auch hier die "Unkenntnis der Masse" ins Feld führen - meines Erachtens bringt das allerdings wenig, sondern wirkt schlimmstenfalls kleinlich und elitär.

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  • 2
    Wie ich auch schon weiter oben schrieb, ich glaube in diesem Fall geht es mir mehr gegen den Strich, da sich die Wortherkunft schlechter eignet für diese verkürzte Form. "Die Mail" – eine Mail ist an sich traditionell bezeichnend für einen Brief oder ein Paket. "Eine Mail schicken" ist daher absolut natürlich. Das Transportsystem hier ist "the postal system". Bei SMS oder PDF hat das Wort an sich wenig Bedeutung, weswegen es nicht problematisch klingt. Aber die WhatsApp hat eine eingebaute Bedeutung die die App bezeichnet... ich möchte da differenzieren... :-/
    – deceze
    Commented Sep 10, 2015 at 8:37
  • 3
    Hmm, ich glaube ich kann Dich im Grundsatz verstehen - allerdings sehe ich da ein paar nicht ganz richtige Annahmen: "Mail" bezeichnet ganz ursprünglich den Postsack, dann den Postservice und -Auslieferung. Nie eine einzelne Poststendung. Erst im Zusammenhang mit E-Mail taucht der Singular für eine einzelne Sendung auf. Das entspricht exakt der App-Sache. Bei SMS steckt "Service" drin - nicht viel anders als bei "App"... wobei ich Dir natürlich Recht gebe, dass letzteres wesentlich offensichtlicher ist.
    – Mac
    Commented Sep 10, 2015 at 8:47
  • 1
    Hinweis in eigener Sache: Mit dem Totum-pro-parte-Kommentar wollte ich nur die lateinische Grammatik berichtigen, aber nicht sagen, daß es ein solcher Fall wäre. Es liegt aber eine Metonymie vor (von der pars pro toto und totum pro parte Spezialfälle sind). Das hatte ich in einem anderen Kommentar gesagt. :-)
    – chirlu
    Commented Sep 10, 2015 at 9:24
  • Ich würde gern anmerken, dass die Sache bei SMS durchaus nochmal anders gelagert ist als bei WhatsApp (und ebenso anderen vergleichbaren Messengern, nehmen wir mal der Einfachheit halber Line als Beispiel). Zumindest ich persönlich habe auch keine Vorbehalte dagegen, mit "SMS" die einzelne Textnachricht zu versenden, und zwar genau deswegen, weil der Begriff "SMS" in der Praxis nicht anderweitig belegt ist. Mit WhatsApp, der App, komme ich durchaus in Berührung - ich kann die App auf dem Smartphone installiert haben oder nicht, ich kann sie öffnen, dort einen Account haben. Dasselbe ... Commented Feb 21, 2022 at 21:07
  • 1
    ... gilt für andere Apps wie das zuvor genannte Line, obwohl dieses gar nicht das Wort "App" im Namen trägt. Daher wirkt auf mich die Verwendung von "WhatsApp" bzw. "Line" als Bezeichnung einer Nachricht im betreffenden Dienst äußerst befremdlich. Ganz anders bei "SMS", womit ich eben nicht als Ganzes "hantiere". "SMS" ist nicht in dem Sinn eine App, sondern ist i.A. bereits "fest eingebaut" - und wenn man wirklich die (gewöhnlich vorinstallierte) App meint, spricht man vielmehr von einer "SMS-App". Man kann auch nicht "bei SMS sein" oder nicht nicht, sondern hat eine Telefonnummer. Commented Feb 21, 2022 at 21:10
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Gibt es für dieses Phänomen eine Bezeichnung?

Wenn man schnell den für die allermeisten Menschen immer noch gut verständlichen Satz "Schick uns eine Whatsapp" sagt, anstatt die Sätze der Richtigkeit halber im Detail inhaltlich korrekt zu formulieren, ist das meiner Meinung nach am ehesten dem Phänomen der "Sprachökonomie" zuzuordnen.

Nachtrag:

Bei Wikipedia wird das ganz gut beschrieben. Wikipedia ist nicht immer die zuverlässigste Quelle, aber der verlinkte Absatz ist gut zutreffend und kann auch auf das von dir beschriebene Phänomen angewendet werden.

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  • 5
    Ich halte es eher für Unkenntnis der Sprecher, die einfach nicht wissen, was eine WhatApp ist und was eine Nachricht, ähnlich wie bei SMS, Die Leute wissen es nicht richtig und verwenden es falsch, setzen sich aber aufgrund ihrer Masse durch, bis auch die wenigen, die es besser wissen, sich der Übermacht beugen. Commented Sep 9, 2015 at 22:39
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Ich werfe mal pars pro toto in den Raum, ein Teil (Whatsapp) für das Ganze (Whatsapp-Nachricht). Wenn man sich darüber ärgert, muss man sich konsequenterweise auch über "Washington will mehr Druck auf Moskau ausüben" (Die Städte führen ein Eigenleben? Die Stadtverwaltung von Washington fährt der Stadtverwaltung von Moskau an den Karren?), was eigentlich "Die Regierung der USA will mehr Druck auf die Regierung Russlands ausüben" heißt.

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  • 2
    Quasi ein toto pro pars... Wobei der Vergleich besser passen würde wenn man "die USA" statt "Washington" benutzen würde. Etwas Übergeordnetes für ein Teil desselben.
    – deceze
    Commented Sep 9, 2015 at 16:59
  • 2
    @deceze: Totum pro parte.
    – chirlu
    Commented Sep 10, 2015 at 1:10

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