Sehr interessante Frage!
Zer- und eressen
Ich wollte schon vermuten, dass das Zusatz-g einfach daher stammt, dass ge-essen schwer zu sprechen ist, dann sind mir viele andere e-Verben eingefallen, zum Beispiel geebbt, abgeebbt … Soviel zu meiner schönen Theorie.
Dann habe ich mich an eine Con erinnert, auf der es ein Nudelsuppen-Wettessen gab, und mein Wölfchen hat sich den Sieg ergessen … so habe ich das damals gesagt, und so würde ich es heute auch wieder sagen. Das ist aber keine systematische Untersuchung.
Auch für zergessen würde ich eine Form mit g bevorzugen; rein spontan aus dem Bauch heraus.
Beachte aber auch, dass ich in der Regel Bairisch spreche, also von vornherein nur »I hob gessen«, ohne dass da ein zusätzliches ge vornedransteht. Preußisch-Sprecher würden das vielleicht anders machen.
Veressen
Wie wäre es denn, wenn du dich an einer Mahlzeit verisst? Interessanterweise würde ich hier auf ich habe mich veressen ausweichen, um eine Verwechslung mit vergessen zu verhindern. Was für mich gleich die Frage aufwirft, woher eigentlich vergessen kommt, und ob dort ein Zusammenhang irgendeiner Art besteht?
Erklärungsüberlegungen
Du unterstellst, dass die Reduplikation – sofern sie für das zusätzliche g verantwortlich ist (was ich nicht weiß) – nicht auftreten sollte, wenn eine Vorsilbe vor dem Verb steht. Aber warum sollte das gelten? Ein kurzer Blick auf die Wikipedia hat mir gesagt, dass die Reduplikation von Perfektformen ein altes, indogermanisches Phänomen ist, dass sich durch so verschiedene Sprachen wie Sanskrit, Altgriechisch und Latein zieht. Im Vergleich dazu sollte die Synthese neuer Wörter durch Vorsilben ein eher junges Phänomen sein; zumal es sich in uns nah verwandten Sprachen wie Englisch kaum findet.
Ich würde in dem Zusammenhang eher vermuten, dass die »alte« Reduplikation als intrinsischer Bestandteil des entsprechenden Verbs gesehen würde, und die »junge« Vorsilbe diese ältere Struktur nach Möglichkeit nicht stört. Schließlich werden auch alle anderen Merkmale unregelmäßiger Verben durch zusätzliche präfixierung nicht beeinträchtigt (laufen - lief - gelaufen; verlaufen - verlief - verlaufen, nicht verlaufte; laut Wikipedia ist das ie in lief auch auf Reduplikation zurückzuführen). Das Beispiel ver(g)essen zeigt aber auch, dass diese Regel gerne nicht gilt, wenn sonst Verwechslungsgefahr bestünde.[1]
[1] Ich habe mich mal oberflächlich mit der Neuerfindung von Sprachen auseinandergesetzt. Eine Website, die ich bei Bedarf gerne wiederfinden kann, hat auf die Nützlichkeit von historischen Lautverschiebungen für Sprachverwandtschaften hingewiesen. Unter anderem wurde der Fall behandelt »Was passiert, wenn zwei Wörter gleicher Art aber verschiedener Bedeutung und ursprünglich unterschiedlicher Aussprache durch Lautverschiebung gleich ausgeprochen werden?« Die vier Möglichkeiten waren: Die Wörter vermengen sich, eines der Worte verschwindet aus dem Sprachgebrauch, die Wörter werden gleichlautend aber mit unterschiedlicher Bedeutung, oder das Wort, das sich verändern sollte, verweigert die Veränderung, um unterschiedbar zu bleiben.