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In der heutigen Heute-Sendung um 19:00 Uhr und der anschließenden Diskussionsrunde wurde gefragt:

"Wer traut sich jetzt noch Präsident?"

d.h., das "… zu werden" wurde verschluckt, bzw. Präsident wird wie ein Verb im Infinitiv behandelt "Wer traut sich (angesichts der Krokodile) zu schwimmen". Ein Versehen ist ausgeschlossen – der Titel der Maybrit-Illner-Sendung trägt den Satz als Untertitel im elektronischen Programmführer und auch im Videotext.

Bereits in Bundestagswahlkämpfen wurde gefragt: "Wer kann Kanzler", so dass man sich fragen könnte "Wer kann Deutschlehrer" – ich will jedoch wissen, ob dies die erste Missgestaltung dieser Art war, oder ob dem ein Schlager, ein Werbespruch oder eine andere, populär gewordene Wendung gleicher Bauart vorausging.

Eine wörtliche Übersetzung eines englischen Satzbaus erkenne ich nicht, frage mich aber, ob es in der Jugendsprache vielleicht zuerst hip war, so zu verkürzen.

Muss man befürchten, dass über die häufige Verwendung dies ebenso zur Regel wird wie das Verschwinden des Genitivs?

Die eigentliche Frage ist aber die erste: Was ist die Urform dieses Musters?

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    @JohnSmithers this made my day: "Ich sollte beschließen, meine Sätze auch nicht mehr vollständig und schon gar nicht zu Ende!"
    – Em1
    Commented Feb 19, 2012 at 20:37
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    Auch in der Literatur gibt es was ähnliches: "Dem Tod die Toten." von Frank Schätzing: german.stackexchange.com/questions/2238/…
    – hmundt
    Commented Feb 21, 2012 at 2:06
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    Wir sind Papst!
    – Deve
    Commented Nov 23, 2014 at 8:49
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    @user unknown: Bei einer mehrteiligen Abkürzung muss im Deutschen ein Leerzeichen stehen, was man insbesondere in diesem Forum auch richtig machen sollte. Ich hatte ein geschütztes Leerzeichen verwendet, was beim Zeilenumbruch nicht getrennt wird.
    – user9551
    Commented Nov 23, 2014 at 10:10

2 Answers 2

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Es klang zwar in der Frage und in manchen Kommentaren schon an, aber eben auch nicht mehr: zumindest was den Sprachgebrauch der Berliner Politik (und der darüber berichtenden Medien) betrifft, geht das Muster auf Franz Müntefering zurück.

Dieser sagte in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" im April 2006 über den damaligen SPD-Vorsitzenden Kurt Beck:

Dass er ein guter Mann ist, der Kanzler kann, ist ganz klar.

2009 äußerte er sich offenbar in ähnlicher Weise über Frank-Walter Steinmeier. Da hatte das ZDF die Formulierung aber schon aufgegriffen für seine Casting-Show "Ich kann Kanzler!" (2012 neu aufgelegt), und das Wort war in aller Munde, wie man an diesem Artikel aus der Main-Post oder diesem aus der Süddeutschen Zeitung sehen kann.

Ob Müntefering in dem Interview bewußt oder unbewußt selbst auf Vorlagen für diese Formulierung zurückgegriffen hat, kann ich nicht sagen.

"Wer traut sich jetzt noch Präsident?" verstehe ich als Anspielung des ZDF (mit leicht selbst-ironischem Unterton) auf dieses geflügelte Wort. Es ging nun nicht mehr darum, wie bei der Kanzlerfrage, wer sich bzw. wem man zutraut, das Amt auszuüben und es auszufüllen, sondern darum, wer es (unter den damaligen Umständen) überhaupt wagt, das Amt des Bundespräsidenten anzustreben.

Müntefering wiederum bezog sich in dem Interview auf eine Zeile in einem Lied der "Ärzte" aus den 80ern:

Ich wußte nicht, daß er auch Karate kann.

;-)

Wenn wir den Spaß mal beiseite lassen, so fällt doch auf, daß es im Bereich Sport/Spiel/Tanz einige Substantive gibt, die keine substantivierten Verben sind, die aber vor allem umgangssprachlich zusammen mit "können" verwendet werden, um auszudrücken, daß man die entsprechenden Fertigkeiten besitzt. Nach dem gleichen Muster kann man auch ausdrücken, eine Sprache zu beherrschen. Ich vermute, daß das schon recht lange so praktiziert wird. Es funktioniert auch recht unauffällig nach dem Prinzip der Ellipse, denn die fehlenden Verben liegen mehr oder minder auf der Hand:

Ich kann Skat [spielen].
Kannst Du Cha-Cha [tanzen]?
Der kann Karate [kämpfen? boxen?]. Sie kann Englisch [sprechen, verstehen, lesen, schreiben].

Ich könnte mir vorstellen, daß Müntefering solche Wendungen im Ohr hatte, als er zum ersten Mal davon sprach, daß jemand "Kanzler" könne. Die Adaption entbehrt nicht einer gewissen Nonchalance (und wurde vielleicht gerade deshalb so populär): zum einen ist nun auf einmal gar nicht klar, welches Verb in der Ellipse fehlt. Werden? Das Amt ausüben können (was ja wiederum ein ganzes Bündel von Fähigkeiten umfaßt)? Egal - er kann es jedenfalls (so der entstehende Eindruck). Zum anderen rückt er damit die Amtsausübung sprachlich in die Nähe einer Sportart oder eines Spiels, also in eine dem Publikum vertraute und an Stammtischen und ähnlichen Orten sehr oft anzutreffende Domäne. Das geschieht aber sehr subtil - die Formulierung klingt irgendwie fremd (und für die sensibleren Ohren falsch) und bleibt dadurch hängen, zugleich aber doch vertraut (ohne daß man sofort merken müßte, woher) und verständlich.

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  • Interessant bleibt, ob der Satz auf eine frühere, vielleicht legitime Form außerhalb der Politik zurückgeht. Die Antwort "I can Boogie" wurde inzwischen gelöscht. Commented Nov 23, 2014 at 6:43
  • @userunknown Ich hab bei der gelöschten Antwort zwar nicht verstanden, warum gerade ein englischer Liedtext Wurzel einer deutschen Formulierung sein soll - aber Du hast mich auf eine Idee gebracht. Siehe mein Edit...
    – Matthias
    Commented Nov 23, 2014 at 8:30
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    zum einen ist nun auf einmal gar nicht klar, welches Verb in der Ellipse fehlt. Spielen oder darstellen. :) Commented Nov 23, 2014 at 13:41
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    Da fallen mir noch die Schulfächer ein: Ich kann Mathematik. Ich kann Englisch.
    – Georg
    Commented Nov 24, 2014 at 9:53
  • @Georg Danke für den Hinweis. Bei Schulfächern allgemein bin ich mir nicht so sicher, wie üblich das ist. Aber bei Sprachen (und dann eben auch bezogen auf die Sprache, unabhängig vom zugehörigen Schulfach) ist das ein sehr gängiger Ausdruck. Ich hab's mit aufgenommen.
    – Matthias
    Commented Nov 24, 2014 at 20:07
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Dazu gibt es im letzten Spiegel (7/2012) einen passenden Essay: Linguist Uwe Hinrichs über den Einfluss der Migranten auf die deutsche Sprache.

Zusammengefasst: Die Sprache wandelt sich und in den letzten Jahren wandelt sie sich stärker, weil es in Deutschland viele Migranten gibt. U.a. vereinfacht sich die Grammatik.

Ausschnitt:

Das Erste, was eine Sprache verliert ist das, was sie für einfache Kommunikationszwecke mit fremden Sprechern am allerwenigsten benötigt: Das sind die Fälle, die Endungen und die Regeln der Verknüpfung.

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    Gibt es denn Sprachen, aus denen das eine wörtliche Übersetzung sein könnte? Haben Journalisten so intensiven Migrantenkontakt, dass sie deren Sprache übernehmen? Commented Feb 20, 2012 at 6:32
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    Der Artikel Kanzler muss kein Komma können behandelt das Thema auch am Rande, liefert aber keine Ursprungstheorie, bis auf "in enger Anlehnung an den eigenwillig stakkatohaften Münte-Sprech".
    – hmundt
    Commented Feb 21, 2012 at 0:05
  • Hier fehlt übrigens keine Endung und kein Fall sondern ein Verb. Dass fehlende Sprachbestandteile die Sprache einfacher machen halte ich auch für eine Illusion. Es entstehen ja Mehrdeutigkeiten und Unklarheiten. "Ich geh Vater" - heißt das, ich gehe mit dem Vater, zu dem Vater, ich werde selbst Vater, ich gehe wie mein Vater? Von "Ich kann Kanzler" ist im Artikel auch nicht die Rede. Commented Nov 23, 2014 at 6:41

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